Anders Bodelsen *11. Februar 1937 in Frederiksberg,
Kopenhagen ist ein bedeutender dänischer Schriftsteller.
Bodelsen wuchs in Kopenhagen auf, in einer Umgebung, in der die
Literatur Herzensangelegenheit war. Seine Mutter war Kunsthistorikerin,
sein Vater Professor der englischen Sprache. Dieser hatte die
Angewohnheit, seiner Familie laut vorzulesen und vieles davon
waren die großen dicken Wälzer der großen Autoren.
In Kopenhagen studierte er Rechts-wissenschaft, Literaturwissenschaft
und Volkswirtschaft. "Ich studierte ein paar Jahre lang Recht
und Volkswirtschaft an der Universität in Kopenhagen, bis
ich es nicht mehr aushalten konnte. Ich lehnte es einfach ab,
mit dem studieren weiter zu machen. Ich wollte schreiben".
Ab 1959 war er für diverse dänische Zeitungen und Zeitschriften
tätig und Herausgeber einer Literaturzeitschrift. Danach
arbeitete er auch als Kritiker beim dänischen Fernsehen sowie
bei der großen Tageszeitung "Politiken".
In Deutschland wurde Anders Bodelsen mit seinem mittlerweile als
Standard Science Fiction-Roman geltenden Eis-Thriller "Brunos
tiefgekühlte Tage" (dän. Originaltitel: "Frysepunktet")
bekannt, in dem es um einen Todkranken geht, der sich - in der
Hoffnung auf Heilungschancen in der Zukunft - einfrieren lässt
und schließlich in einer alptraumhaft technisch-perfekten
Welt erwacht. Der Roman zeichnet ein Abbild einer technogratischen
Big Brother Gesellschaft, in der die Bevölkerung zur Funktionalität
umgewandelt wurde.
Anders Bodelsen, schrieb und schreibt Erzählungen, Romane sowie
Fernseh- und Filmdrehbücher, Theaterstücke und zahlreiche
Hörspiele. Für sein erstes Hörspiel "A Hard
Days Night" erhielt er 1967 den "Prix Italia". Der
WDR produzierte von ihm "Musik zur Nacht" (1993), das
in der Originalfassung mit dem nordischen Hörspielpreis und
dem "Prix de la RAI", noch im gleichen Jahr ausgezeichnet
wurde.
Anders Bodelsen ist ein charakteristischer Repräsentant des
"Neuen Realismus", dem sein Durchbruch in der dänischen
Literatur in der Mitte der sechziger Jahre gelang. Im Vergleich
mit dem überwiegenden Modernismus der Zeit, die einige Instanzen
als rücksichtslos und getrennt von der Wirklichkeit ansahen,
schuf Bodelsen, wie Christian Kampmann und Henrik Stangerup eine
populärere zeitgenössische Abbildung mit normalen Leuten
in den typischen Zuständen eines Konflikts.
Bodelsens bevorzugtes Genre ist die individuelle-psychologische
Kurzgeschichte und der sozial-realistische Thriller. Anders Bodelsen
ist offensichtlich durch die zeitgenössische Wirtschaftswelt
fasziniert, aber gleichzeitig durch deren Auswirkungen beunruhigt.
Er zeigt auf, wie das Rattenrennen um Status und der daraus folgende
Stress unser Leben aufbläht und grundlegende menschliche Werte
beschädigt. Gleich von Anfang an seiner Karriere, setzt ihn
diese Perspektive als kritisch informierter Porträtist der
Lebensbedingungen für diese bestimmte Sozialgruppe ein, welche
sich als Nutznießer der Zunahme des Lebensstandards und der
geänderten Lebensart glaubte, die mit den '60iger Jahre kam:
die gebildete Mittelschicht.
Buchtipp |
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Das literarische Debüt von Anders Bodelsen war der Roman "De
lyse nætterstid" von 1959. In den Kurzgeschichtensammlungen
"Drivhuset", 1965 und "Rama Sama", 1967 kultiviert
er den Bodelsen'schen Realismus durch die Probleme, die sich die
Individuen gegenüberstehen, wenn sie versuchen, sich einer
konkurrierenden Gesellschaft anzupassen. Eine Kritik an der Kindererziehung
und deren sozialen Verhältnissen ist gerade im Entstehen, aber
Erklärungen der menschlichen Prädikation werden überwiegend
im allgemein-existentiellen gefunden.
Wir dürfen vermutlich die Möglichkeit nicht ausschließen,
daß Anders Bodelsen künstler-ischer Fortschritt und seine
literarische Bedeutung mehr und mehr dänische Schriftsteller
dazu anspornte, den Kriminalroman anzupacken. Zurückschauend
scheint es, daß es nie einen energischeren und entschlosseneren
Versuch gegeben hat, eine Qualität in diesem Genre in Dänemark
zu erreichen als während dieser abschließenden Jahre
in den 70iger und während der 80iger Jahren. Schriftsteller
wie Frits Remar, Poul Henrik Trampe, Torben Nielsen, Dan Turéll,
Leif Davidson und Flemming Jarlskov als die führenden Verfasser
von Kriminalromanen oder Thrillern. Es ist schwierig, Bodelsen nicht
als wesentlichen und einflussreichsten Vorläufer und als Quelle
der Inspiration für andere zu sehen, der es auch riskierte,
die Möglichkeiten des Genres auszuprobieren, während zur
gleichen Zeit, ein Exzentriker wie Poul Ørum ein fein abgestimmtes
Verständnis für den Kriminalroman hat, sowohl vor als
auch nach Bodelsens Durchbruch.
Auf deutsch sind Anders Bodelsens Romane nur noch antiquariatisch
zu erhalten.