Es ist November. Vier Uhr nachmittags an einem Montag. Die Dunkelheit ist bereits angebrochen und nasser Schnee fällt auf Stockholm. Ein Mann sitzt mit einer Zeitung in den Händen in der Untergrundbahn. Betrachtet all die düsteren bleichen Gesichter, die ihn umgeben. Er ist zufrieden mit sich. Nach allem, was in seinem Leben passiert ist, ist er erfolgreich, glücklich verheiratet und Vater von drei Kindern. Alles kann nur noch besser werden. Im Fenster der Bahn reflektiert sich der Blick eines unordentlichen aussehenden Typs - einer Person, von der es scheint, dass er ihn anstarrt. Ist es sein Glück, dass man an ihm erkennen kann? Ist das der Grund? Hebt ihn das von dieser grauen Masse seiner Mitfahrer ab? Sollte dies der Grund sein, kann er sicherlich damit leben. Die Bahn fährt in die Station ein und der Mann bereitet sich darauf vor auszusteigen. Er bemerkt nicht, dass der zerzauste Typ ebenfalls von seinem Sitz aufsteht.
In einer kurzen Zeitspanne geschehen verschiedene brutale Morde in der Mitte von Schweden, in Stockholm und Umgebung. Bevor der Kommissar Conny Sjöberg von der Polizei in Hammarby anfängt zu vermuten, dass es eine Verbindung zwischen diesen Morden gibt, tappt er völlig im Dunkeln. Es gibt jemanden da draußen in Stockholm, dessen Motive sehr persönlich sind und der nicht duldet, dass irgendetwas sich in seinen Weg stellt.
"Pfefferkuchenhaus" von Carin Gerhardsen ist der erste Teil in der "Hammarbyserie", benannt nach einem Stadtteil von Stockholm. In dieser Serie treffen wir auf ein neues Ermittlerteam. Dem Kommissar Conny Sjöberg, verheiratet mit Åsa und Vater von fünf Kindern, seinen Kollegen Einar Eriksson, Jens Sandén, Jamal Hamad und Petra Westman. Dazu kommen die Kriminaltechnikerin Gabriella Hansson und der Staatsanwalt Hadar Rosén. In diesem ersten Teil lernen wir vor allem den Kommissar Sjöberg und seine Familie kennen und Petra Westman, die neben den Ermittlungen zu den Morden noch mit einem sehr persönlichen Fall beschäftigt ist. Es ist anzumerken, dass Sjöberg hier in einer glücklichen Beziehung lebt und nicht wie so oft in skandinavischen Krimis, an irgendwelcher Schwermut, Beziehungsproblemen oder Melancholie leidet. Nein, er ist glücklich, hat natürlich ab und an Meinungsverschiedenheiten mit seiner Frau, aber im großen und ganzen eine wohltuende Abwechslung zu dem gängigen Klischee des misanthropischen Kommissars. Als Kriminalkommissar in der Abteilung für Gewaltverbrechen war es für ihn wichtig, seine Gedanken in Muster, Listen und Tabellen fassen zu können. Seine Kollegin, Petra Westman, wird ebenfalls näher vorgestellt. Sie ermittelt in eigener Sache. Nach einem One-Night-Stand beschleicht sie der Verdacht, dass ihr Gewalt angetan wurde. Diese Geschichte wird in diesem ersten Teil nicht zu Ende erzählt und man kann gespannt sein, wie es mit Petra weitergehen wird.
Was haben diese Morde, von denen das ermittelnde Team am Anfang nicht weiß, dass sie zusammengehören (der Leser dagegen sehr wohl) miteinander zu tun? Man kann es hier ruhig verraten, da es sehr bald klar wird. Es ist eine Rachefeldzug, geboren aus Hass. Aus Hass gegenüber den Menschen, die eine Kindheit zerstört haben. Aus Gleichgültigkeit oder aus Spaß an Unterdrückung. Es ist nicht schwer, eine Person oder Personen zu hassen, die es im Laufe von ein paar lächerlichen Jahren schaffen, das Leben eines Menschen zu zerstören. Ein Opfer des Bösen im Menschen zu sein.
Buchtipp |
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In einer Kleinstadt, in Katrineholm, nimmt das Unheil seinen Lauf. Kinder, sechs Jahre alt, tyrannisieren einige Mitschüler. Mißhandeln und demütigen diese. In einer Kleinstadt wie Katrineholm kommt noch hinzu, dass man so einen Stempel nie wieder abwaschen kann, wenn man ihn einmal aufgedrückt bekommen hat. Achtunddreißig Jahre später beginnt die Mordserie unter den 44jährigen in Stockholm und Umgebung. Der Leser erfährt aus erster Hand von den Beweggründen des Mörders, den Hintergrund der Taten. Von dem Mobbing und den psychologischen Folgen. Von dem verpfuschten Leben, dass daraus folgen kann. Aber auch das Fazit, das ein Beteiligter aus dem Geschehen zieht: "Aber eines wußte er ganz genau. Keiner von ihnen hatte sterben wollen, und keiner von ihnen hatte es wirklich verdient, in so jungen Jahren und auf so unbegreiflich brutale Art und Weise zu sterben. Sie hatten schreckliche Dinge getan, aber sie waren nur Kinder gewesen, kleine Kinder."Carin Gerhardsen hat einen Kriminalroman geschrieben, der einen straffen, spannungsreichen Handlungsfaden hat und der nicht ohne Humor geschrieben ist. Der Roman hat einige unerwartete Drehungen und Wendungen. Gerhardsen entwirft starke Porträts von authentischen Personen, die sich im Gedächtnis des Lesers verankern. Von den offenen Enden in diesem Buch hofft man, im zweiten Teil dieser Serie mehr zu lesen.
Vielen Dank an Jürgen Ruckh aus Esslingen
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