Leseprobe
Das klingt mir nach einem Traum!
Probst Manelius warf Hans Liewe einen erstaunten Blick zu und sagte tadelnd:
Das war doch deutlich eine Schilderung der Hölle. Die Mutter,
die ihre Seele dem Teufel verkauft hat, konnte mit ihren Zaubertricks
die Heimkehr in einen Traum verwandeln.
Sie glauben also, dass das Gericht ein Todesurteil verhängen
wird?
Daran besteht kein Zweifel. Sie ist eine Hexe! Seine spitzen
Wangen hatten sich vor Erregung gerötet. Manelius Petri erinnerte
Liewe an einen Schachspieler, der weiss, dass er seinen Gegner mit dem
nächsten Zug matt setzen wird.
Na gut. In diesem Fall lasse ich meinen Feldscher die Gefangene
untersuchen. Man hat mir berichtet, sie sei in so schlechter Verfassung,
dass sie noch vor der Gerichtsverhandlung sterben könnte. Sie muss
behandelt werden, damit nach dem Gesetz Recht geschieht. Ich erlaube nicht,
dass sie gefoltert wird, das müssen sie verstehen.
Aber ...
Ich hoffe, dass Sie mich nicht daran hindern, so zu handeln, wie
es mir meine Menschenliebe und mein Rechtsempfinden gebieten. Gern belohne
ich Sie für Ihre eifrigen Ermittlungen mit einem kleinen Geschenk
und hoffe, dass wir in einer so unbedeutenden Angelegenheit nicht unterschiedlicher
Meinung sind. Die Frau darf nicht gefoltert werden, das ist mein letztes
Wort!
Während Junker Liewe sprach, machte sich auf dem Gesicht des Probstes
ein hilfloser Ausdruck breit. Er verhedderte sich in seinen Worten, während
er ächzte:
Ich wusste ja nicht ... ich habe nicht erkannt ... sehen Sie ...
Habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt?
Doch, doch, aber ... wir haben heute Nachmittag schon angefangen,
sie zu foltern! Hans Liewe wandte sich aufgebracht zu Dominus Manelius
um. Er musste sich beherrschen um ihn nicht an seinen schlaffen Vogelschultern
durchzuschütteln.
Was zum Teufel!
Wir haben die Daumenschrauben angewendet.<
Und ...?
Der Teufel sitzt sehr fest in ihr.
Hat sie nichts gestanden?
Der Junker spürte, wie ihm die Schweisstropfen auf die Stirn traten,
aber er bemerkte auch, dass in Manelius Blick weder Hochmut noch
Triumph lagen.
Alles, was sie sagte, war wirr und unwesentlich. Beschwörungen
und Zaubersprüche zum<BR>Heilen. Vom Tod ihrer Tochter behauptete
sie, Ihr Vogt habe ihn verschuldet. Und dann ...
Dann?
Buchtipp |
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Na ja, gerade, als es mir so schien, ich hätte den Teufel beim
Huf gepackt, fiel sie in Ohnmacht.
Hans Liewe schloss die Augen. Erleichterung überkam ihn, seine verkrampften
Glieder entspannten sich. Das Weib hat verstanden, in Ohnmacht zu fallen.
Dafür würde er ewig dankbar sein. Als Belohnung würde er
ihr einen schnellen, schmerzlosen Tod bieten.
Danke an den random house/btb Verlag für die Veröffentlichungserlaubnis. |