Die Ruhe in Person - Kommissar Fors ermittelt
Kommissar Harald Fors hat mit fünfzehn Jahren beschlossen,
in die Fußstapfen seines Vaters, Straßenmeister Fors, zu treten.
Damals war er mit seinem Vater zusammen nach Stockholm gefahren, wo Straßenmeister
Fors an einem Schachturnier im Stadthaus teilgenommen hatte. Sein Vater hatte
ihm das Polizeipräsidium gezeigt. Ohne direkten Anlass hatte Fors an jenem
Tag beschlossen, dass er Polizist werden wollte.1
Der Kommissar, sein Privatleben und seine Kindheit
Verheiratet ist Harald Fors nicht bzw. nicht mehr. Wir erfahren, dass es
mal eine Ehefrau im Leben des Harald Fors gegeben hat, doch nicht, warum sie
nicht mehr zusammen sind.2 Sind sie geschieden? Ist die Frau verstorben? Wir
wissen es nicht. Doch es taucht eine neue Liebe am Horizont des etwa 50jährigen
auf.
In Der Unsichtbare macht Harald Fors Bekanntschaft mit der Journalistin
Annika Båge, die später seine Freundin wird. Ansonsten hält
der Erzähler sich weiter sehr bedeckt, was das Privatleben des Kommissars
angeht. Nur hin und wieder finden sich kurze Sequenzen, in denen Kommissar Fors
an seine Kindheit und Jugend denkt: Dann ging er hinaus und legte seine Tasche
am Fuß des Fahnenmastes ab. In den Beton hatte jemand ein Datum geritzt.
12. Juni 1957. Da kriegte er seine ersten Sommerferien. Seine Mutter hatte ein
blau gepunktetes Kleid getragen und er hatte der Lehrerin Blumen überreicht.3
Irgendwann einmal muss Harald Fors außerdem in Stockholm gearbeitet
und in Trollbäcken gelebt haben, doch erfahren wir nicht, warum er nicht
mehr dort arbeitet und lebt.4
Enge Vater-Sohn-Beziehung
Zu seinem Vater hatte Harald Fors offensichtlich eine ganz besondere Beziehung.
Gerade während er an dem Fall des Unsichtbaren arbeitet, denkt er
immer wieder an ihn.5 Besonders deutlich wird dies aber in Kill.
Hier erinnert sich Harald Fors daran, wie ihm sein Vater ein Messer geschenkt
hat - sein erstes Messer -, und wie er dieses Messer verlor.6 Daraufhin
bekam er das gute Messer seines Vaters - und verlor auch das. Straßenmeister
Fors bleibt gelassen, er reagiert nicht wütend oder schlägt seinen
Sohn gar, doch Harald Fors plagen deswegen bis ins Erwachsenenalter Schuldgefühle:
Die bodenlose Trauer. Jetzt trauerte er nicht mehr um sein Messer. Jetzt
war es das verlorene Vertrauen. Auf ihn konnte man sich nicht verlassen. Dabei
hatte Straßenmeister Fors doch ständig gesagt: "Harald, das
ist ein zuverlässiger Junge."7 Nachdem Fors seine Dienstpistole
gestohlen wurde, hat er wieder dasselbe Gefühl, dasselbe unangenehme
Gefühl, versagt zu haben. Die Erwartungen nicht erfüllt zu haben,
nichts wert zu sein.8
Das Kindheitstrauma des Kommissars
Dieses Kindheitstrauma ist so präsent, dass es Fors zunächst sogar
daran hinderte, sich als Kommissar zu bewerben, da er immer noch glaubte, dass
er eigentlich nicht gut genug sei, nicht den Erwartungen entsprechen würde,
dass er aus zu schwachem Holz geschnitzt war.9 Das reicht soweit,
dass Fors das Messer, das ihm sein Vater kaufte, nachdem er beide Messer verloren
hatte, nicht mit nach draußen nimmt. Er bewahrt es in einem Kasten auf,
und nimmt zum Angeln lieber ein scharf geschliffenes Ding, das er für
achthundert Kronen in einem Geschäft für Jagdzubehör in Stockholm
gekauft hatte. Was das Messer, das sein Vater ihm geschenkt hatte, gekostet
hatte, wusste er nicht. Vielleicht waren es sechs Kronen gewesen oder sieben.
Aber es war unendlich wertvoller als das Messer aus Spezialstahl von Al Mar.10
Harald Fors' typische Kennzeichen sind eine gelbe Lederjacke, ein kleiner dünner
Schnurrbart und ein Ledertäschchen mit Reißverschluss, das er stets
bei sich trägt.11 In Der Unsichtbare macht er gerade
eine Diät - erfolgreicher und konsequenter übrigens, als sein Kollege
Kurt Wallander. Fors beschloss, nicht mehr Kartoffeln zu nehmen. Es gab Sahnesoße
dazu. (
) Once one your lips, forever on your hips, zitierte Fors.12
Außerdem ist er mittelgroß und hat kurz geschnittene graue
Haare13.
Präzise, effektiv und unnachgiebig in der Sache
Harald Fors ist ferner nicht unbedingt ein Mann, der viele Worte verliert;
seine Verhöre sind geprägt durch äußerste Effizienz sowie
durch kurze, knappe und präzise Fragen. Stets notiert er sich bei einem
Gespräch zuerst Datum und Uhrzeit, bevor er sehr zielgerichtet seine
Fragen stellt, beispielsweise an Hausmeister Nordström:
"Jemand hat den Schrank beschmiert."
"Wer?"
"Das weiß ich nicht."
"Wie sah das Geschmiere aus?"
"Es war ein Kreuz."
"Was für ein Kreuz?"
"Ein Hakenkreuz."
"Wie groß war es?"
(
)
"Welche Farbe?"
(
)
"War das alles?"14
So vermittelt sich alles in allem das Bild eines ruhigen, beherrschten, analytisch
denkenden, geradlinigen und sehr selbstdisziplinierten Mannes. Dazu passt, dass
er sich auch von versteckten Drohungen nicht ins Bockshorn jagen lässt.
Er macht seine Ermittlungen ungeachtet aller politischen Implikationen: "Wir
haben eine Werbeagentur für einen Haufen Geld beauftragt, diese Gemeinde
in Deutschland zu vermarkten. (
) Wir wollen hier deutsche Touristen haben.
Das ist die Chance des Ortes. Und dann kommen Sie." "Ja, und dann
komme ich", sagte Fors.15 Harald Fors lässt sich also, was seine
Arbeit angeht, nicht beirren und greift entschieden durch. So auch bei der Verhaftung
der Jugendlichen in Der Unsichtbare zum Verhör.16
Kommissar Fors zeigt Gefühle
Doch gefühllos ist Fors nicht, nur sehr beherrscht: Lass dich nicht
gefühllos machen. Das pflegte er sich selbst zu sagen. Lass dich nicht
gefühllos machen.17 Zum ersten und einzigen Mal bricht der
Panzer der Selbstdisziplin bei Fors, als er in Kill erfährt, dass
die Waffe, mit der auf die Kinder in der Schule geschossen wurde, seine gestohlene
Dienstwaffe ist. Er bricht förmlich zusammen: "Verdammte Scheiße",
keuchte Fors. "Das halte ich nicht aus." Dann schluchzte er auf und
wischte sich die Augen. Tränen liefen ihm über die Wangen.18
Doch das bleibt die Ausnahme. In Stresssituationen, auch das wird insbesondere
in Kill deutlich, sucht Harald eher Zuflucht in Erinnerungen an seine
Kindheit und Jugend, als dass er anfängt zu weinen. Er erinnert sich ans
Angeln, an Bäche, Wälder und dergleichen mehr.19
Sein Dienstzimmer teilt er zunächst mit Carin Lindblom, einer Frau,
die drei Kinder hatte und die, nach einhelliger Meinung im Haus, längst
Kommissarin geworden wäre, wenn sie, wie es hieß, "etwas zwischen
den Beinen gehabt hätte".20 In Kill ist es jedoch
vor allem Felix Stjernkvist, noch keine dreißig21, der zum zweiten
Protagonisten neben Fors und möglicherweise zu dessen Nachfolger avanciert.22
Du darfst gerne aus unserem Artikel in deinen Hausarbeiten und Referaten zitieren,
aber bitte vergiss nicht, uns als Quelle anzugeben!
Die Titel der Kommissar Fors-Krimis im Überblick |
2001 |
Der Unsichtbare - direkt
bestellen |
2004 |
Kaltes Schweigen - direkt
bestellen |
2005 |
Kill - direkt
bestellen |
? |
Återkomst - Gerade erst
in Schweden veröffentlicht; der Titel bedeutet "Wiederkunft" |
Legende |
1 |
Mats Wahl, Der Unsichtbare.
Carl Hanser Verlag: München/Wien: 2001, S.24f. |
2 |
Vgl. ebd. S.121 |
3 |
Ebd. S.96f |
4 |
Vgl. Mats Wahl, Der Unsichtbare.
Carl Hanser Verlag: München/Wien: 2001,S.60, S.78 und S.160 |
5 |
Vgl. ebd. bspw. S.24, 25,
51 |
6 |
Vgl. Mats Wahl, Kill. Carl
Hanser Verlag: München/Wien: 2005, S. 17ff |
7 |
Ebd. S.19 |
8 |
Ebd. |
9 |
Ebd. |
10 |
Ebd. S.20 |
11 |
Vgl. ebd. S.8 |
12 |
Ebd. S.51f |
13 |
Mats Wahl, Kill. Carl Hanser
Verlag: München/Wien: 2005, S.5 |
14 |
Mats Wahl, Der Unsichtbare.
Carl Hanser Verlag: München/Wien: 2001, S.46 |
15 |
Ebd. S.99 |
16 |
Vgl. ebd. S. 135-142 |
17 |
Ebd. S.156 |
18 |
Mats Wahl, Kill. Carl Hanser
Verlag: München/Wien, 2005, S.173 |
19 |
Vgl. ebd., S. 168 |
20 |
Mats Wahl, Der Unsichtbare.
Carl Hanser Verlag: München/Wien, 2001, S.143 |
21 |
Mats Wahl, Kill. Carl Hanser
Verlag: München/Wien, 2005: S. 58 |
22 |
Vgl. ebd. S.140 |
|