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"Nacht über Reykjavik" von Arnaldur Indriðason
Der junge Erlendur Sveinsson ist Verkehrspolizist in der isländischen Hauptstadt. Die anfallenden Aufgaben für ihn und die mit ihm Streife fahrenden Gardar und Marteinn lauten Verkehrs- und mehr noch Alkoholkontrollen durchführen, die eine oder andere Ruhestörung oder Schlägerei beenden, Frauen vor häuslicher Gewalt retten sowie Betrunkene versorgen. Wäre das der einzige Plot des Buches – niemand würde es zu Ende lesen. Doch neben der durchaus interessanten Sozialstudie des rauen und einsamen Landes im Nordatlantik in den späteren 1970er-Jahren kommt bald Spannung auf, als der Obdachlose Hannibal ertrunken aufgefunden wird. Erlendur kann den Todeshergang einfach nicht glauben, was durch verschiedene Bemerkungen und Beobachtungen weiterer Personen aus dem Umfeld des Toten unterfüttert wird. So fand eine Freundin Hannibals einen Ohrring in seiner letzten Behausung, einer Heißwasserrohrleitung außerhalb der Stadt und am gleichen Tag seines Ertrinkens kam eine 34jährige Frau von einer Party nicht mehr nach Hause und niemand weiß, wo sie geblieben ist. In bedächtiger, aber eben durchdachter Weise und geradezu melancholisch beschrieben ermittelt Erlendur nun in seiner Freizeit – freilich auch unter Ausnutzung seines aktuellen beruflichen Status‘ – auf eigene Faust und entdeckt neben Ungereimtheiten auch Zusammenhänge. Mehr und mehr lässt der Autor den jungen engagierten Mann zum Kriminalisten werden, der letztendlich sogar beide Fälle aufklärt. Die Handlung entwickelt keine besondere Hast, alles geschieht gemächlich und lässt die Vorstellung entstehen, in Island nimmt man sich einfach mehr Zeit für alles. Gewisse Längen werden durch die zu Papier gebrachten Gedanken Sveinssons überbrückt, kann man diesen doch gut folgen und sich selbst das Eine oder Andere zusammen reimen. Der Schluss überrascht nur wenig und ist kein echter Aufreger, selbst wenn die Auflösung bis dahin nicht augenfällig wurde. „Nacht über Reykjavik“ ist bietet sehr gute und spannende Genre-Unterhaltung und wer den Autor kennt, weiß, dass diese Geschichte das „Prequel“ einer ganzen Reihe mit dem schließlich Kommissar gewordenen Erlendur ist. Es lohnt sich die Geschichte zu lesen. Vielen Dank an Uli Geißler, Freier Journalist und Autor aus Fürth / Bayern © 2015 Redaktionsbüro Geißler für das Literaturportal schwedenkrimi.de |
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"Eiseskälte" von Arnaldur Indriðason
Der Roman "Eiseskälte" ist Arnaldur Indriðasons elfter Kriminalroman mit dem isländischen Querdenker und Einzelgänger Erlendur Sveinsson. Wobei der Kommissar in den letzten beiden Romanen nur am Rande auftauchte. In den Büchern "Frevelopfer" und "Abgründe", in denen Erlendurs Kollegen Elínborg bzw. Sigurður Óli sich auf die Tätersuche machen müssen, wird beiläufig erwähnt, dass Erlendur sich im Osten von Island aufhält. Man erfährt in diesen zwei Büchern sonst weiter nichts, was Erlendur in den Ostfjorden macht, es heißt, er verbringt dort seinen Urlaub. Die drei genannten Kriminalromane spielen alle innerhalb von drei Wochen im Herbst des Jahres 2005. Während Elínborg und Sigurður parallel an verschiedenen Fällen arbeiten, erfährt man nun in "Eiseskälte", was Erlendur in die Ostfjorde verschlagen hat. Erlendur hat sich in Bakkasel, dem verfallenen elterlichen Hof, eingerichtet. Dieser Hof liegt im Reyðarfjörður und Erlendur sucht nach den Schatten seiner Vergangenheit. Ein Teil seines Lebens und seiner Geschichte ist für alle Zeiten mit diesem Landstrich verbunden, ein schicksalhaftes, gnadenloses Ereignis in seiner Jugend, fesselt ihn an diese Gegend. Nicht nur die Ereignisse aus seinem eigenen Leben, das Verschwinden seines Bruders im Schneesturm, sind es, die ihn nicht zur Ruhe kommen lassen, sondern auch andere ungelöste Fälle; unerledigte Angelegenheiten - lose Enden, die er in Händen hält. Vor vielen Jahrzehnten, im Januar 1942, begannen unheilverkündende Vorfälle, die ihre Auswirkungen bis in die Gegenwart zeitigen. Eine große Truppe britischer Soldaten, die im Fjord stationiert waren, versuchten in einem Schneesturm zum Nachbarfjord zu gelangen. Viele gingen verloren und eine große Suchaktion wurde gestartet. Einige schafften es mit Schwierigkeiten zurück in die Sicherheit, andere nicht. Doch alle wurden gefunden, ob nun tot oder lebendig. In der gleichen Nacht verschwand eine junge Frau im gleichen Gebiet, als sie ebenfalls über den Pass wollte. Sie wurde jedoch nie gefunden. Ihr Schicksal hat schon immer die Neugierde von Erlendur erweckt. Nun ist er gekommen, um dieses Rätsel zu lösen. Er, der selbst nach Antworten auf die Rätsel seiner Vergangenheit hungert. Wie Erlendur dabei vorgeht, erklärt Friedrich Ani anhand seines Kommissars Tabor Süden, der ja Ähnlichkeiten mit Erlendur aufweist: "Zu erzählen ist jetzt dessen (des Vermissten) Biografie anhand der Aussage von Freunden und Verwandten, die schließlich in einem schöpferischen Akt des Kommissars oder Detektivs münden, der das Wesen des Abwesenden neu erfinden muss und dabei, womöglich, der Wirklichkeit nahekommt." Zwei Geschichten werden erzählt. Das spurlose Verschwinden von Bergur, Erlendurs jüngerem Bruder im Schneesturm und von Matthildur, der jungen Frau, die ebenfalls spurlos verschwand. Gleichzeitig gelingt es Arnaldur zu beschreiben, was der Verlust und der Kummer bei denjenigen anrichtet, die zurückbleiben und für den Rest ihres Lebens mit diesem Rätsel leben müssen. Er beschreibt diese Leere, die zurückbleibt, die Schuldgefühle, die es auslöst mit wahrer Tiefe und Einsicht in die menschliche Natur. Das Rätsel von Matthildur, das der eigentliche "Kriminalfall" in diesem Roman ist, ist gleichzeitig eine anmutige Liebesgeschichte. Wie viele der Liebesbeziehungen in Arnaldurs Romanen geht auch diese schief, gibt es doch wenige glückliche Ausgänge in den Romanen von Arnaldur. Die Menschen, die mit der vollkommen unerwarteten Abwesenheit eines Menschen fertig werden müssen, haben jede Freude und Neugierde am Leben verloren. Einige, darunter auch Erlendur, werden vom schlechten Gewissen für die zurückliegenden Ereignisse oder Vergehen gepeinigt, können sich nicht vergeben und scheinen auf den Tod zu warten, der immer gegenwärtig ist. Die Atmosphäre des Buches ist melancholisch und frostig mit einem Hauch Todessehnsucht. Die Handlung erzeugt einen Sog und nimmt einen mit auf eine Reise in das frostige Innere schuldbehafteter Menschen. Der Leser, die Leserin, findet sich inmitten eines Alptraumes wieder, den er oder sie so niemals erwartet hätte. Teile des Buches sind buchstäblich haarsträubend, da der blanke Horror dem Leser entgegen schlägt. Edgar Allan Poe läßt hier grüßen. Reykjavik, mit seiner großstädtischen Ausprägung ist nicht vorhanden. Da ist der verfallenen Hof von Erlendurs Eltern, die Wege von Erlendur durch trostlose ländliche Gebiete, in denen er Bewohner findet, die dabei sind, ihr sterbliches Leben zu verlassen, ob sie nun im Seniorenheim oder auf halb verfallenen Höfen leben. Er trifft Menschen, die Tätigkeiten ausüben, die fast der Vergangenheit angehören. Im Kontrast dazu blitzt immer wieder die Gegenwart dieses Fjords durch. Der Bau der neuen Aluminiumhütte und das Erstehen von Islands größtem Stausee. Hier manifestiert sich die neue Zeit. Erlendur, der selbst durch die Zeit gefallen zu sein scheint, lehnt diese Entwicklung ab. Man kann davon ausgehen, dass auch der Autor diese Entwicklung kritisch sieht. Arnaldur sagt über diesen Roman: "Ich will den Lesern nicht die Spannung nehmen, Man kann vielleicht sagen, das Buch handelt von Rache und davon, wie trübsinnig es ist, wenn man versucht, mittels Rache Gerechtigkeit herzustellen." Erlendur, der in diesem Buch sich davon verabschiedet nach Gesetz und Ordnung zu handeln, denn er greift auf Maßnahmen zurück, die weit davon entfernt liegen, gesetzestreu zu sein, findet einige Dinge heraus, die ihm und anderen Frieden bringen. Vermutungen werden zur Tatsache und die alten Geister kommen zur Ruhe. Auch Erlendur findet letzte Gewissheit und er kommt zur Ruhe, findet seinen Frieden. Den alten Erlendur wird es nicht mehr geben. Das Ende ist ein trauriges. Vielen Dank an Jürgen Ruckh aus Esslingen © Januar 2013 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Frevelopfer" von Arnaldur Indriðason
Die Leiche eines jungen Mannes, Runólfur, wird im angesagten Þingholt-Viertel von Reykjavik tot aufgefunden. Er lag auf dem Boden seines Wohnzimmers, seine Hose war heruntergelassen und er war mit nichts anderem bekleidet als mit einem blutigen T-Shirt, auf dem "San Francisco" stand. Die Kehle des Mannes war durchgeschnitten worden. Es stellte sich heraus, dass er vor seinem Tod Geschlechtsverkehr hatte. Später wurde das Schultertuch einer Frau im Schlafzimmer unter dem Bett gefunden. Das Tuch roch intensiv nach Gewürzen, nach indischen Gewürzen. Als bei der Spurensicherung die Vergewaltigungsdroge Rohypnol in der Jackentasche von Runólfur und auf dem Wohnzimmertisch gefunden wird, später auch bei der Autopsie im Mund und Rachen des Toten, deutet alles auf eine Frau als Täterin hin. Hatte da jemand blutige Rache genommen?
Auch Elínborg muss reisen. Sie fliegt in das Heimatdorf von Runólfur, um sich dort nach den Verhältnissen des Toten zu erkundigen. In Reykjavik konnte sie nichts über den jungen Mann herausfinden. Sie reist in eine fremde Welt, in ein trügerisches Dorfidyll. Solche Orte können seltsam sein, wie es ein Bewohner treffend ausdrückt. Sie erfährt, dass der Vater des ermordeten Mannes bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist. Kristjana, die Mutter des Toten, erinnert Elínborg in gewissem Sinne an Erlendur, der sich ebenfalls nie von seiner Vergangenheit hatte lösen können oder wollen. Er klammerte sich an eine alte Gedankenwelt, an alte Sitten und Werte, die im Verschwinden begriffen waren, ohne dass irgendjemand es bemerkte oder sie vermisste. Eine seltsame Atmosphäre aus Schweigen und Geheimnissen umfängt Elínborg. Ein ehemaliger Freund von Runólfur sagt zu ihr: "Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht und verstehe vieles immer noch nicht, obwohl ich hier zu Hause bin. Freunde können sich im Nu in Scheusale verwandeln. Und Geheimnisse hütet man bis in den Tod." Sigurður Óli hat nur eine marginale Rolle in diesem Roman. Dafür gibt er einen Hinweis auf einen Freund von Runólfur. Eðvarð einen Lehrer. Über diesen Eðvarð baut Arnaldur eine Nebenhandlung in diesen Krimi ein. Beim Erzählen dieser Nebengeschichte ist Indriðason wieder ganz bei sich. Das neunzehnjährige Mädchen Lilja aus Akranes verschwand vor Jahren spurlos. Eðvarð kannte dieses Mädchen. Er war ihr damaliger Lehrer. Und so ist Indriðason wieder bei seinem Thema. Verschwundene Menschen. Menschen, deren Schicksal im Nebel liegen. Gespenster, die die Zurückgebliebenen nicht loslassen. So wie der verschwundene Bruder Erlendur umtreibt, so hat auch dieses Mädchen Menschen zurückgelassen, deren Schicksal von ihrem Verschwinden beeinflußt worden sind. Auch in diesem Fall bleibt ihr Verbleiben ungelöst. Nichts was ein Hinweis auf das Schicksal des Mädchens aus Akranes gegeben hätte. Nur ein Verdacht, der bleibt. Dies ist sicher nicht der stärkste Krimi von Arnaldur, aber er gibt doch einen Blick auf den Menschen Elínborg frei. Man merkt es dem Roman an, dass er mit der Absicht geschrieben worden ist, uns Elínborg näher zu bringen. Der neue Roman, "Svörtuloft" der in Island schon erschienen ist, bringt uns Sigurður Óli näher. Auch da hat Erlendur Pause. Hoffen wir, dass es Arnaldur Indriðason dann besser glückt, uns den Menschen Sigurður näher zu bringen. Vielen Dank an Jürgen Ruckh aus Esslingen © April 2010 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Kälteschlaf" von Arnaldur Indriðason
ob Lenor’, die ich verloren, bei den Engeln selig wär’. (Edgar Allan Poe „Der Rabe“) Der achte Roman von Arnaldur Indriðason mit dem sonderbaren und eigenen Kommissar Erlendur Sveinsson ist ein Kriminalroman über Verluste und Zufälle, die das Schicksal der Menschen bestimmen aber auch über Gespenster aus der Vergangenheit, die einen ein Leben lang verfolgen. Der Originaltitel von „Kälteschlaf“ lautet „Harðskafi“, ein Berg in Ostisland am Eskifjörður. Harðskafi bedeutet etwas Schroffes oder Karges. Der isländische Titel deutet auch darauf hin, worauf die Geschichte zusteuert, zurück in die Kindheit von Erlendur, zurück in seine Vergangenheit, in die Tiefen seiner Seele. Erlendur, der jedes Jahr in die Ostfjorde fährt, zu dem verlassenen elterlichen Bauernhof, dort auf den Harðskafi steigt und durch die Berge oberhalb von Eskifjörður streicht, um seinen eigenen Dämon zu jagen. In einer kalten und dunklen Herbstnacht wird eine Frau, María, tot in ihrem Sommerhaus am Þingvallavatn aufgefunden. Erhängt an einem Balken im Wohnzimmer. Sie hatte schon eine Zeit lang mit Problemen zu kämpfen. Ihre Mutter, mit der sie ein enges Verhältnis hatte, starb nach langer, schwerer Krankheit. Dieser Tod machte ihr schwer zu schaffen, sie steigerte sich in eine manische Trauer hinein. Die Schlinge schien ihr Weg aus der Hoffnungslosigkeit gewesen zu sein. Alles deutet auf Selbstmord hin. Auch für die Polizei, die den Fall bald abschließt. Aber als Erlendur von einer Freundin der Toten eine Kassette übergeben bekommt, welche die Aufnahme einer Séance enthält, an der die Tote teilnahm, läßt ihn dieser Fall nicht mehr los. Die Umstände des Selbstmordes und Mitgefühl für die Tote, die sich das Leben nahm, treiben Erlendur dazu, die Geschichte der Frau auszugraben und herauszufinden, warum ihr Leben so plötzlich und auf so traurige Weise endete. Bald stößt er auf einen weiteren Todesfall in der Familie. Marías Vater ertrank im Þingvallavatn.
Dieser achte Fall des isländischen Kommissars Erlendur Sveinsson unterscheidet sich von den vorhergegangenen. War er in den Ermittlungen schon immer als Einzelgänger geschildert worden, so hat er sich in diesem Buch von aller polizeilich korrekten Arbeit verabschiedet. Seine Kollegen und seine Partner, die in den anderen Romanen noch eine größere Mitwirkung hatten, spielen in diesem Roman nur eine marginale Rolle. Erlendur ist ein getriebener, ein gejagter, der unbedingt die Wahrheit herausbekommen möchte. Er macht den Fall zu einer persönlichen Angelegenheit. Und Indriðason gelingt ein intelligenter raffinierter Plot. Es ist hier nicht die Stelle, all zuviel über den Plot zu verraten, da sonst die Spannung dieses Buches absolut verloren geht. Obwohl der Leser, allein schon durch die Rückblicke, die Arnaldur in die Handlung einflechtet, ziemlich schnell eine Ahnung davon bekommt, was geschehen sein könnte. Aber war es so? War es Selbstmord oder doch ein raffinierter Mord? Am Schluß fehlen die Beweise und das Buch läßt einige Fragen offen. Es ist ein emphatischer Roman, der von Verlusten, Schuld und Vergebung handelt. Elementare Fragen, auf die Erlendur auf seine Art Antworten zu finden hofft. Manchmal, wenn man ein Buch liest, kommen einem andere Bilder und Stimmungen in das Bewußtsein. Ausgelöst von anderen Büchern oder Filmen, die man gelesen oder gesehen hat. Assoziationen, die sich einem aufdrängen. So ging es mir bei „Kälteschlaf“. Mich hat das Buch beim Lesen stark an die Filme von Alfred Hitchcock „Marnie“ und „Vertigo“ erinnert. Nicht aufgrund der Handlung, mit denen „Kälteschlaf“ wenig Parallelen aufweist, sondern von der Grundstimmung, von den Bildern, Stimmungen, die beim Lesen entstehen. Dies mag subjektiv sein aber der Traumzustand, in dem sich manche Figuren zu bewegen scheinen; Obsessionen, welche die tote Frau aber auch Erlendur vorantreiben, ja ihr Leben bestimmen, sind auch Themen dieser beiden Filme. Es gibt noch einen anderen Film, der für den Roman in seiner Grundidee, Pate gestanden haben könnte, nämlich der Film „Flatliners“. Es kommt mir noch eine andere Geschichte beim Lesen von „Kälteschlaf“ in den Sinn. Eher keine Geschichte sondern zwei Gedichte von Edgar Allan Poe. „Der Rabe“ und „Lenore“. Die verstorbene Mutter von María hieß Leonóra. In den beiden Gedichten von Poe wird um Frauen geklagt, die denselben Namen – Lenore - tragen. Die Männer trauern um ihre Geliebten. Schicksalsfragen werden gestellt. So wie María der Frage nachgeht, ob es ein Leben nach dem Tod gibt. Bei Poe ist die Antwort „Nimmermehr“. Bei Arnaldur wird diese Frage nicht beantwortet. Es ist kein okkultistischer Krimi, sondern ein Roman, der elementare Fragen stellt und an dessen Ende, so hofft man, auch Erlendur seinen Frieden mit seinem Gespenst schließen kann und sich von seinem Dämon befreit. Auch wenn ein Medium zu Erlendur sagt: „Wir haben alle unsere Wiedergänger. Nicht zuletzt du.“ Laßt frei die Tote gehen Aus Hölle auf zu hohem Rang(Edgar Allan Poe „Lenore“) Vielen Dank an Jürgen Ruckh aus Esslingen © August 2009 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Codex Regius" von Arnaldur Indriðason
"Codex Regius" ist ein Thriller. Ein Thriller, der Mitte der fünfziger Jahre spielt. Schauplätze sind Kopenhagen, Schwerin, Amsterdam und Berlin. Die Geschichte beginnt 1863 in Island und endet 1971 mit der Heimkehr der Handschriftensammlung von Árni Magnússon von Kopenhagen nach Reykjavik. Es ist ein literarischer Thriller, der nichts anderes zum Inhalt hat, als die alten isländischen Sagen, die Edda. Das ist auf der einen Seite das schöne und interessante an diesem Buch, ist aber auf der anderen Seite auch sein größtes Manko. Wer als Leser kein Interesse und keine Vorliebe für dieses Sujet mitbringt, wird das Buch bald auf die Seite legen. Denn auch die kleinen Hinweise auf die Literatur Islands in den fünfziger Jahren, die in der oben beschriebenen Szene gipfelt (in dem Arnaldur Halldór Laxness zu einem Protagonisten des Romans macht), verlangt auch ein wenig Wissen über die isländische Literatur. Wer aber dieses Wissen mitbringt oder bereit ist, gewisse Dinge nachzulesen, hat bestimmt Vergnügen an diesem Buch. Die eigentliche Handlung des Romans findet im Jahr 1955 statt. Der Protagonist, der Ich-Erzähler Valdemar, reist auf Empfehlung eines isländischen Gelehrten nach Kopenhagen, um sich dort in der Geschichte der mittelalterlichen isländischen Manuskripte weiterzubilden. Er soll in der dänischen Hauptstadt, an der Universität, einen alten, etwas schrulligen Professor aufsuchen. Und mit diesen zwei Personen, dem Professor und Valdemar, hat Arnaldur ein Gespann geschaffen, dass einen an die Sherlock Holmes Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle erinnert. Nicht nur im Duktus der Sprache, sondern auch dieser speziellen Personenkonstellation wegen. Wie Doyle seinen Dr. Watson führt Arnaldur mit dem Studenten Valdemar einen Ich-Erzähler ein, der zugleich die Sichtweise des Lesers bestimmt. Valdemar, ein isländischer Student vom Land, ist etwas naiv und begriffsstutzig und dem von seinem Schicksal getriebenen Professor hoffnungslos unterlegen. Dieser Professor, getrieben von einem Ereignis, das ihn im Gestapo Gefängnis während der deutschen Besatzungszeit in Kopenhagen ereilt hat, stürzt sich mit ganzem physischen Einsatz in die Suche nach den verschollenen Seiten im "Codex Regius". Und diese fehlenden Seiten im "Codex Regius", die sogenannten "Lieder der Lücke" sind, um einen Begriff von Hitchcock zu nehmen, der MacGuffin dieses Thrillers. Der "Codex Regius" besteht aus 45 Pergamentblättern in 6 Lagen. Nach Blatt 32 fehlen acht Blätter, die Stelle wurde im 18. Jahrhundert mit 8 leeren Pergamentblättern gefüllt. Die verlorenen Blätter enthielten Texte der Sigurd-Dichtung. Rückschlüsse auf das Verlorene sind nach der Valsungusaga und einigen anderen Zeugnissen möglich. 1643 gelangte das Manuskript in den Besitz des isländischen Bischofs und Handschriftensammlers Brynjólfur Sveinsson. Zusammen mit dem Flateyjarbók übereignete Brynjólfur 1662 dem dänischen König Frederik III, dieses Manuskript, wodurch es seinen Weg in die Königliche Bibliothek in Kopenhagen fand. Deshalb auch der Name des Codex als "Königliche Handschrift". Bei den Liedern des "Codex Regius" handelt es sich um eine Textsammlung, die der Bischof Brynjólfur dem isländischen Dichter Sæmundr enn fröði Sigfússon zuschrieb. Laut einer isländischen Saga-Überlieferung schrieb dieser um 1087 als einer der ersten solche Lieder schriftlich auf. Diese Annahme ist aber längst als irrig verworfen worden. Der "Codex Regius" wurde nach Meinung einiger Forscher 1271 von einem einzelnen unbekannten Schreiber angefertigt, wobei es sich allerdings um die Abschrift eines älteren Textes handelt. Dieser wiederum muss das Ergebnis einer weiteren Sammelarbeit gewesen sein. Die Lieder selbst sind wesentlich älter und dürften in ihrer vorliegenden Form zwischen 800 und 1000 entstanden sein. Diese Texte überstanden den großen Brand in Kopenhagen von 1728 und wurden 1971 an Island zurückgegeben. Heute kann man diese unbezahlbaren Handschriften im Árni Magnússon Institut in Reykjavik besichtigen. Für viele Isländer und auch für den Professor in diesem Buch ist der "Codex Regius" und die alten mittelalterlichen Handschriften der größte Schatz der isländischen Nation. Oder, wie es der Professor im Überschwang der Gefühle äußert: "Unser Beitrag zur Weltkultur! Wir haben keine Akropolis, weil unsere Vorzeit sich nicht in Steinen, sondern in Worten manifestiert hat!" Ein wichtiger Aspekt in diesem Buch beschreibt auch die Besetzung Dänemarks durch die deutsche Wehrmacht und die dänische Widerstandsbewegung und die Rolle, welche die nordische Mythologie für die Nazis hatte. Dadurch leitete sich auch ein spezielles Interesse an Island und den alten Sagen ab. So stammen der Hiltlergruß und das Hakenkreuz aus der nordischen Mythologie. Der Professor kam während der Besatzungszeit der Nazis in Kontakt mit der Gestapo und einem Geheimbund, der auf der Suche nach alten isländischen Manuskripten war. Aus dieser Konstellation ergab sich das geschilderte Ereignis im Jahre 1955. Seinen Höhepunkt findet diese Schilderung in der Bombardierung des deutschen Hauptquartiers der Gestapo in Kopenhagen, das Shell-Gebäude am 21. März 1945. Um 8.55 Uhr flogen die RAF ihren Angriff auf das Gebäude. Hier wird auch deutlich, wie genau Arnaldur Indriðason recherchiert hat, um so exakt wie möglich an den geschichtlichen Ereignissen zu bleiben. Ob er nun das Jahr 1945 oder das Jahr 1955 beschreibt. Immer spürt man, dass hier jemand seinen Finger am Puls der Zeit hat und das Zeitkolorit ziemlich exakt eingefangen wurde. Und was ist mit der isländischen Literatur der fünfziger Jahre? Hier gibt uns Arnaldur einen kurzen Hinweis. Valdemar erwähnt, dass er zwei Bücher aus Island mitgebracht hat, die dort im Jahre 1955 erschienen sind. Sie heißen "Taxe 79" und "Das Uhrwerk". "Das Uhrwerk" stammt von dem Schriftsteller Ólafur Jóhann Sigurdsson. Sigurdsson wurde 1918 als Sohn armer Bauern auf Hlid im Südwesten Islands geboren. Sein Wissen erwarb er sich autodidaktisch. Mit fünfzehn zog er auf Arbeitsuche nach Reykjavik und wurde dort als jüngstes Mitglied in die "Vereinigung revolutionärer Schriftsteller" aufgenommen. In den folgenden Jahren verdiente er sich seinen Lebensunterhalt als Arbeiter in Fabriken, im Straßenbau und bei der Ernte, als Laufbursche, Korrektor, Redakteur und hausierender Buchhändler. Er veröffentliche verschiedene Romane, darunter "Das Uhrwerk", "Zauber und Irrlichter" und "Drachen und Zaunkönige". Diese sind auch auf Deutsch erschienen. Das zweite erwähnte Buch stammt von dem Schriftsteller Indriði Guðmundur Þorsteinsson, geboren am 18. April 1926 und gestorben am 3. September 2000. Indriði wurde auf einer Farm im Skagafjörður als Sohn eines ungelernten Arbeiters geboren. Er studierte in Héraðsskólinn im Laugarvatni von 1942-43. Er arbeitete als Fahrer in Akureyri von 1945-51 bis er als Reporter bei Tíminn anfing. Von 1959-62 arbeitete er als Reporter bei Alþýðublaðið und von 1962-73 war er der Herausgeber der Zeitung "Tíminn". Während der nächsten Jahre schrieb er, bis Indriði nochmals zum Herausgeber der Zeitschrift "Tíminn" von 1987 bis 1991 wurde. Indriði war der Vater von Arnaldur Indriðason. Indriði erzielte erste Aufmerksamkeit als Schriftsteller als er den Kurzgeschichtenwettbewerb 1951 mit der Geschichte "Blástör" gewann. Im gleichen Jahr veröffentlichte er die Kurzgeschichtensammlung "Sæluvika". 1955 veröffentlichte er seinen ersten Roman, "79 af stöðinni" ("Taxi 79"). Das Buch war sehr erfolgreich. Es handelt von den Schwierigkeiten eines Mannes vom Land, der in die Stadt zieht und die anhaltenden Veränderungen in Islands Gesellschaft beschreibt, welche die Modernisierung und Verstädterung mit sich bringen. Der Roman wurde 1962 verfilmt und gilt als Meilenstein in der Geschichte des isländischen Kinos. Seine Romane "Land og synir" (1965) und "Norðan" (1973) wurden für den Literaturpreis des Nordischen Rates nominiert.Ich möchte an dieser Stelle nicht auf den begriff "Faction-Thriller" eingehen, den der Lübbe Verlag benutzt, da es wieder einmal einer dieser unmöglichen (und in diesem Fall auch falschen) Anglizismen ist, die ohne Überlegung verwendet werden. Sollte damit aber gemeint sein, dass der Thriller auf Tatsachen beruht, so ist dies richtig. Dies muß aber jeder Thriller, um glaubwürdig zu sein. Einige Eckpfeiler müssen auf sicherem Grund stehen, sonst fällt das Gebäude (die Handlung) zusammen. Die Eckpfeiler bei "Codex Regius" gründen tief. Die Geschichte, wenn sie auch etwas altertümlich daherkommt, ist gute Unterhaltung. Mit der oben erwähnten Einschränkung. Ein Roman über einen Aspekt der isländischen Geschichte, der Literaturgeschichte im besonderen. Wohl mehr für das isländische Lesepublikum geschrieben, bietet es doch einen Einblick in das Werk Indriðasons ohne Erlendur. Und natürlich die interessante geschichtliche und wissenschaftliche Bedeutung der mittelalterlichen Handschriften Islands. Oder wie sagt der Professor im Buch: "Der "Codex Regius" ist unsere Geschichte, die Geschichte der Erde und die Geschichte der Zeit." "Nicht wir bewahren ihn, sondern er bewahrt uns. Er ist unser zukünftiges Leben." Vielen Dank an Jürgen Ruckh aus Esslingen © Januar 2009 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Codex Regius" von Arnaldur IndriðasonDer Ehrenkodex
Um es gleich vorweg zu sagen: Codex Regius ist kein einfacher Kriminalroman, auch ist er nicht der reine Thriller, als der er betitelt wird. Er ist vielmehr eine Mischung aus Fakt und Fiktion, im Angelsächsischen als „Faction“ bekannt. Im Mittelpunkt des Romans steht der im 2. Weltkrieg verloren gegangene „Codex Regius“, die wichtigste isländische Handschrift, die die Götter- und Heldenlieder des Nordens enthält. Indridason verbindet dieses literarische Motiv mit der Figur eines Professors, der mittelalterliche Handschriften erforscht und stellt ihm einen jungen Isländer, Valdemar, zur Seite, der bei ihm studieren möchte. Doch statt eines Studiums erwartet Valdemar, der auch gleichzeitig der Erzähler ist und rückblickend von den Ereignissen berichtet, eine aufregende Suche nach den verschollenen Handschriften. Auf ihrer Reise quer durch Europa erfährt man als Leser viel über die Gräueltaten der Nazis, die sich unter anderem auch an Kulturschätzen anderer bereichert haben. So sind es insbesondere die nordischen Mythen, die ihnen zur Festigung ihrer Ideologie dienen sollten. Indridason lässt die 50-er Jahre wieder lebendig werden, das zerstörte Berlin und die vom Krieg immer noch gezeichneten Menschen. Was den Reiz dieses Romans ausmacht, sind neben der literarischen Kenntnis über die mittelalterlichen Handschriften die beiden so unterschiedlichen Charaktere. Da ist auf der einen Seite der eigenbrötlerische und eigensinnige Professor (dessen richtiger Name nirgendwo genannt wird, tritt er doch stets in seiner Funktion als Professor, weniger als Individuum auf), Alkohol und Drogen zusprechend, und auf der anderen Seite der junge Valdemar, anfangs naiv und feige, der sich von der Besessenheit des Professors mitziehen lässt. Für den Professor ist es auch eine Frage der Ehre, den „Codex Regius“ wiederzufinden, ist er doch mit seinem ganz persönlichen Schicksal verknüpft. Teilweise wirkt es schon etwas unglaubwürdig, wenn die beiden auf ihrer Flucht aus Deutschland noch Hunderte von Metern durch eiskaltes Wasser ans rettende dänische Ufer schwimmen müssen um sich gleich darauf der nächsten heißen Spur zu widmen. James Bond lässt grüßen! Gleichzeitig aber wirken die beiden Figuren in ihrem Bestreben so ernst und ehrenvoll, dass man als Leser nicht umhin kommt, ihnen Erfolg bei ihrer Suche zu wünschen. Im Laufe der Reise entwickeln sich die Figuren außerdem, fast wie im klassischen Bildungsroman: Valdemar gewinnt an innerer Stärke, während der Professor auch seine Zerrissenheit offenbart. So entsteht mit der Zeit eine Art Gleichgewicht und am Ende obliegt es sogar Valdemar, den Fall abzuschließen. Er ist durch die Schule des Lebens gegangen, die, so der Professor, wichtiger sei als jedes Studium. Indridason stellt hier Gut und Böse nebeneinander, der Stoff, aus dem jeder Kriminalroman besteht. Und dennoch ist Codex Regius mehr, denn er zeigt, dass der Kampf gegen das Böse nicht ohne Verlust möglich ist. Wer sich jedoch mit Mut und Tatkraft gegen das Böse stellt, kann es zum Guten wenden. Dies ist die positive Botschaft, die der Roman besitzt. Vielen Dank an unsere Rezensentin Katja Perret. © Dezember 2008 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Todesrosen" von Arnaldur Indriðason„Das System der Begrenzung des Fischfangs beruht auf der Fangmenge die den einzelnen Schiffen zugeteilt wird. Jedem Schiff wird ein bestimmter Anteil an der zulässigen Gesamtfangmenge (Total Allowable Catch, TAC) für die jeweilige Fischart zugeteilt. Die Fangbegrenzung für jedes Schiff für das jeweilige Fischfangjahr ist folglich festgestellt auf der Grundlage der TAC für die jeweilige Fischart und dem Anteil des Schiffs an der Gesamtfangmenge.“
Arnaldur Indriðasons zweites Buch erschien 1998 in Island. Der isländische Originaltitel lautet „Dauðarósir“ und die deutsche Ausgabe erscheint nun unter dem gleichnamigen Titel „Todesrosen“. Der deutsche Verlag Lübbe schreibt dazu auf dem Klappentext: „Endlich in deutscher Übersetzung“. Nun liegt es sicherlich in der Verlagspolitik bei Lübbe, wann ein Buch eines Autors erscheint. Deshalb ist nicht ganz nachvollziehbar, weshalb der Verlag diese Veröffentlichung quasi mit einem Stoßseufzer der Erleichterung ankündet. Aber sei’s drum. Der zweite Fall von Erlendur und Sigurður Óli liegt nun vor und damit sind nun alle Krimis mit Erlendur und seinen Kollegen und Kolleginnen veröffentlicht. Bis auf das neueste "Harðskafi", das im letzten Jahr in Island erschienen ist. Aber nun zum Krimi "Todesrosen". Die Kriminalgeschichte beginnt erfindungsreich. Die Leiche eines nackten jungen Mädchens wird auf dem Grab des isländischen Freiheitskämpfers und Wegbereiters der Unabhängigkeit Jón Sigurðsson gefunden. Sie ist unbekannt und es liegt keine Vermisstenmeldung vor. Schnell ist klar, dass das Mädchen zu der Unterwelt von Reykjavik Kontakt hatte. Ein Junkie. Einstiche von Nadeln am ganzen Körper. Die Ermittlungen dehnen sich bis in die Westfjorde aus, als der Werdegang des Mädchens untersucht wird. Denn die Tote schien aus den Westfjorden zu stammen und so machen sich Erlendur und Sigurður Óli auf, die Angehörigen des toten Mädchens zu finden. Doch dann stellt sich heraus, dass die Lösung des Falles in Reykjavik zu finden ist. Mit den üblichen Schwierigkeiten. Der Roman ist ein typischer skandinavischer Kriminalroman mit dem einschlägigen sozialen Realismus und Kritik an den herrschenden sozialen Zuständen. Arnaldur vermixt in seine Geschichte Gedanken über den Zustand der Fischindustrie, speziell dem Quotensystem und entwirft daraus eine feine konspirative Theorie. So ist die große Frage in diesem Buch, was die Quotenspekulationen und Immobiliengeschäfte mit dem Tod des Mädchens zu tun haben. Die Ermittlungen ergeben, dass der Tod des jungen Mädchens mit einem viel größeren Fall verbunden ist, der verantwortlich ist, für die größte Abwanderung in Islands Geschichte. Einer Abwanderung, die immer noch weitergeht. Die Westfjorde sind eine einsame, menschenleere Gegend. 1910 wohnten hier mehr als 13.000 Menschen, heute sind es über 5000 Menschen weniger. Verlassene Höfe gehören zum Landschaftsbild. Keine andere Gegend Islands ist so stark von der Abwanderung betroffen wie diese isolierte Halbinsel. Durch die Rationalisierung der Fischindustrie und den Verkauf von Fangquoten gingen viele Arbeitsplätze verloren. Die Menschen in den Fjorden sind aber auch nicht mehr unbedingt gewillt, in dieser Industrie zu arbeiten. Manche ziehen lieber fort. Und so verlassen die Bewohner der Westfjorde ihre Heimat in Richtung Hauptstadtregion. Ein ehemaliger Bewohner dieser Gegend erzählt Erlendur seine Geschichte: „War da in einem Kaff, wo die Fangquote einfach mir nichts, dir nichts verschwand, verkauft an einen von diesen reichen Herren in Reykjavik, und dann gab’s auf einmal keine Arbeit mehr. Die Quoten haben sich die Geschäftsleute in Reykjavik unter den Nagel gerissen. Fisch, der noch nicht einmal gefangen ist, wird verkauft und gekauft, und der ganze Reichtum konzentriert sich auf einige wenige, während die anderen in die Röhre gucken können. Alle Leute hier in der Gegend lebten vom Fisch, aber wenn andere ihn wegkaufen und wir ihn nicht fangen dürfen, ist es zappenduster.“ In diesem Kriminalroman ist Erlendur noch nicht ganz so introvertiert wie in den folgenden Romanen. Der Konflikt mit seiner Tochter Eva und seinem Sohn Sindri wird deutlich mehr Raum eingeräumt. Die berufliche Beziehung mit Sigurður Óli ist sehr konfliktträchtig, sehr von den gegensätzlichen Charakteren beeinflußt. Die Beziehungen der Personen noch nicht so sehr ausgebaut wie in den weiteren Folgen. Elinborg, die in den nachfolgenden Kriminalromanen eine weitaus größere Rolle einnimmt, kommt hier fast nicht vor. Es ist ein Krimi, der ein zum größten Teil sehr isländisches Thema zum Gegenstand hat. Die Fischfangquoten und die daraus resultierenden Verwerfungen in der isländischen Gesellschaft, darunter die Abwanderung aus den ländlichen Bezirken in den Großraum Reykjavik. "Die Übereinstimmung zwischen der wissenschaftlichen Fischereiberatung und den Entscheidungen der zuständigen Behörden ist eine grundlegende Voraussetzung für ein verantwortliche Ressourcensteuerung. Die Entscheidungen der Behörden über die zulässige Gesamtfangmenge beruhen auf sozialen und ökonomischen Faktoren und sind gleichwohl auf das langfristige Ziel der Sicherung einer nachhaltigen Fischerei ausgerichtet." …Das Quotensystem ist natürlich gut, um die Fischbestände zu schützen, aber mit so einem Quotenanteil ist keinerlei Verantwortung verbunden. Die Inhaber können einfach so mit der Lebensgrundlage vieler Menschen in all diesen Fischerdörfern spekulieren; sie können sie kaufen, verkaufen, vermieten, vererben, verschenken.. Diese Leute haben völlig verantwortungslos gehandelt. Denen war es scheißegal, wenn es in den Fischerdörfern keine Arbeit gab. Hauptsache, sie verdienen sich eine goldene Nase. Ganze Landstriche hatten auf einmal keine Fangquoten mehr, und mit ihnen verschwanden auch die Arbeitsplätze.“ Vielleicht hat dieses sehr spezifische isländische Thema den deutschen Verlag dazu bewogen, den zweiten Teil der Erlendur-Reihe erst jetzt zu veröffentlichen. Aber dieser Kriminalroman ist nicht der schlechteste. Obwohl im Ganzen gesehen, die Geschichte schwächer ist als zum Beispiel in "Menschensöhne" oder im dritten Band "Nordermoor". Es fehlt ihm auch ein wenig an Kraft und Stimmigkeit. Aber zum Verständnis der Figuren und ihrer Beziehung zueinander ist dieser Krimi allemal notwendig. Und seit die isländischen Kriminalautoren das Genre intensiv bearbeiten, ist auch folgende Aussage von Sigurður nicht mehr aufrecht zu erhalten: „Hier in Island werden Morde nicht unter solchen Vorzeichen verübt. Morde werden weder geplant noch Leichen mit Absicht an eine bestimmte Stelle gelegt, um dem ganzen eine tiefere Bedeutung zu geben oder Spekulationen darüber heraufzubeschwören. Morde werden hier im Affekt verübt. Meistens im Suff. Sie haben nie irgendwas Symbolisches an sich oder irgendeine tiefere Wahrheit. Morde sind hier schäbig, scheußlich und ganz und gar zufällig.“ Zitate aus der "Erklärung über verantwortliche Meeresfischerei in Island" unterzeichnet u.a. vom Minister für Fischerei und Landwirtschaft. Vielen Dank an Jürgen Ruckh aus Esslingen © Juni 2008 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Frostnacht" von Arnaldur Indriðason"Seltsam, wie Menschen, die durch die Finsternis wandern, einander verloren gehen" (Gunnar Gunnarsson »Advent im Hochgebirge«)
Es ist Mitte Januar. Die Weihnachtszeit ist vorbei und eine eisige Faust hielt die Erde umklammert. Ein eisiger Wind heult und pfeift um die Häuser von Reykjavik. Reykjavik wird zur "Winterstadt" zu "Vetraborgin", wie der Roman im isländischen Original heißt. Und so düster, so frostig und kalt wie das Wetter, ist auch die Handlung des siebten Falles von Erlendur, Sigurður Óli und Elinborg. Ein Junge, wird tot im Hinterhof eines Mietblockes gefunden. Festgefroren an der Erde an seinem eigenen Blut. Zuerst ist unklar, ob ein Unfall geschehen ist oder ob es sich um einen Mord handelt. Ein Mord aus fremdenfeindlichen Motiven, da es sich bei dem toten Jungen um ein Zuwandererkind handelt? |
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"Engelsstimme" von Arnaldur IndriðasonDer tote Weihnachtsmann
Kurz vor Weihnachten wird der Portier eines Hotels in einem Weihnachtsmannkostüm
ermordert aufgefunden. Ein neuer Fall für den knurrigen Komissar
Erlendur und seine Kollegen der Kripo Reykjavik. Um den Fall zu untersuchen
quartiert sich Erlendur kurzerhand in das Hotel ein, wohl auch um sich
ein wenig der trübseligen Vorweihnachtsstimmung alleine Zuhause
zu entziehen. Das Hotel wird also quasi zur Bühne, auf der sich
das ganze Drama abspielt. Man fühlt sich erinnert an alte Mrs Marple
Spielfilme, die oft auch an einem Ort spielten, die Verdächtigen
also eng beisammen waren. Und so wird auch zunächst die gesamte
Hotelbelegschaft, angefangen vom Zimmermädchen bis hin zum Hotelmanager
unter die Lupe genommen, die sich teilweise verdächtig benehmen.
Unter Verdacht gerät schließlich ein englischer Hotelgast,
der sich sehr für den Verstorbenen interessierte. Der Portier war
nämlich in seiner Kindheit ein viel versprechender Chorknabe, bis
er durch den Stimmbruch sein einzigartiges Talent verlor. Erlendur befragt
auch die Schwester und den Vater des Opfers, die sich seltsam gleichgültig
der grausamen Tat gegenüber verhalten. Nach und nach erfährt
man von der unglücklichen Kindheit des begabten Jungen, der schließlich
als einsamer Mensch im Keller des Hotels hauste. Indridason lässt
Erlendur viele verschiedene Spuren verfolgen, die doch allesamt im Nichts
verlaufen. Eine Rolle spielt wieder einmal die Beziehung zu seiner Tochter
Eva Lind, die ihn regelmäßig im Hotel besucht. Seit ihrer
Fehlgeburt, bei der sie beinahe selbst gestorben wäre, sind sich
Erlendur und seine Tochter näher gekommen. In "Engelsstimme"
beginnt sich langsam so etwas wie eine Beziehung zwischen den beiden
zu entwickeln, vielleicht auch weil Erlendur sich ihr öffnet und
ihr von einem prägenden Erlebnis aus seiner Kindheit berichtet. © Februar 2006 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Kältezone" von Arnaldur Indriðason"Schrödingers Katze"Kleifarvatn
Der See Kleifarvatn hat Jahrhunderte auf Arnaldur Indriðason
gewartet. Dieser rätselhafte See, der kommt und geht in seiner
unheimlichen Dunkelheit, hat nichts weniger verdient, als Indriðasons
Talente, um die passende Atmosphäre aus Angst und Kummer zu erschaffen.
Wie bei dem Nordermýrin Bezirk (wo der Roman "Mýrin"
spielt), der nie mehr der Stadtteil von Reykjavik im Gedächtnis
der Leser sein wird, der er einmal war, so wird der See Kleifarvatn
Teil der isländischen Literatur. Isländer sind daran gewöhnt,
daß ihr Land durch gewaltige Erdbeben, gedehnt, aufgespalten und
heftig zerrissen wird durch wahllos ausbrechende Vulkane. Aber jeder
war überrascht, als ein großer See anfing, in einem langen
Spalt zu verschwinden, der durch ein Erdbeben verursacht wurde. Der
auslaufende See ist eine Eigenartigkeit, sogar nach isländischen
Verhältnissen und hat Herden von neugierigen Schaulustigen an die
unfruchtbaren Gestade des Sees gelockt. Das SkelettZu Beginn der Geschichte wird ein Skelett mit einem
russischen Sender in seiner Nähe auf dem ausgetrockneten Seegrund
vom Kleifarvatn gefunden. Es ist schon sehr früh offensichtlich,
daß das Skelett alt ist, und alles deutet darauf hin, daß
das Verbrechen zur Zeit des Kalten Krieges stattfand. Zur gleichen Zeit,
als Erlendur und seine Begleiter sich in die Zeit zurückversetzten,
in die sie verschiedene Hinweise führen , erzählt der Autor
eine andere Geschichte aus den Sechzigern, welche sich allmählich
der Gegenwart nähert. Zum Schluß der Geschichte bekommt man
das Gefühl, daß am Ende des Buches sich die Handlungsfäden
so verweben, daß, wen der Leser das Buch zuklappt, er reicher
an Erfahrung ist, und sogar ein bißchen klüger in den verschiedenen
Geschehnisse der politischen Geschichte in den fünfziger und sechziger
Jahre. Verschwunden - aber doch nicht verlorenDas Verschwinden ist eines der Hauptthemen in Arnaldur
Indriðasons Büchern, da sie von besonderem Interesse in den
Untersuchungen des Kriminalbeamten Erlendur sind, der unbestreitbar
die Haupt-person in den meisten Büchern von Indriðason ist.
Erlendurs Interesse an vermissten Personen hat seine Wurzeln in schmerzhaften
Kindheitserinnerungen; sein jüngerer Bruder verschwand auf der
Hochheide in den östlichen Fjorden in schlechtem Wetter, während
er selbst, zusammen mit seinem Vater, mit knapper Not entkommt. Dieses
tragische Ereignis lebt weiter in Erlendur, ist Teil seiner Persönlichkeit
und erklärt einige Dinge in seinem Verhalten. Und andere "Verschwundene"
hinterlassen ihre Spuren in seinem Leben, so wie er bei seiner Scheidung
selbst aus dem Leben seiner zwei Kinder verschwand, Eva Linda und Sindri,
als sie noch sehr jung waren. Als sie später - und jeder für
sich - nach ihm suchen, scheint der Abstand zwischen ihnen und ihrem
Vater unüberbrückbar, da er beladen ist mit ungelöster
Schuld, Ablehnung und Gewissensbissen, Kummer und schlechten Gefühlen. Schrödingers KatzeSchrödingers Katze ist ein beliebtes Beispiel um ein Phänomen anschaulich darzustellen, das in der Quantenmechanik als "Überlagerung von Zuständen" bekannt ist. Ende der 20er Jahre entstand um den dänischen Wissenschaftler Niels Bohr die bis heute verbreitete Kopenhagener Deutung. Danach führt die Messung durch einen "bewussten" Beobachter dazu, daß das Teilchen, das sich zuvor in einem Überlagerungszustand befand, abrupt in einen der möglichen Zustände "springt" (Kollaps der Wellenfunktion). Diese Deutung führte zu dem paradoxen und immer noch häufig zitierten Gedankenexperiment von Schrödinger aus dem Jahr 1935 - der Ortszustand wird durch die Meßgröße "tot" oder "lebendig" ersetzt: In einer nicht einsehbaren Kiste ist eine Katze eingesperrt (Schrödingers Katze), die einem Überlagerungszustand aus "lebend" und "tot" ausgesetzt ist. Die Frage ist nun, in welchem Zustand sich die Katze nach einer gewissen Zeit befindet, wenn man nicht in die Kiste hineinschaut - analog zur Frage nach dem quantenmechanischen Zustand eines Systems, solange man keine Messung an ihm vornimmt. Als Antwort auf diese Frage wird gegeben, daß die Katze sowohl gleichzeitig lebendig als auch tot ist. Erst wenn man die Kiste öffnet, manifestiert sich der Zustand in einer 100% lebendigen oder 100% toten Katze. Erst die Messung durch einen bewussten Beobachter führt dazu, daß die Katze entweder lebendig oder tot ist. ErlendurDer Handlungsstrang, das private Leben von Erlendur
Sveinsson, ist eine der Nebenhandlungen in Indriðasons Büchern,
wie der Leser weiß, aber es ist ein wichtiger Faden, da dieser
Faden ein Buch mit dem anderen verbindet - und den Leser mit Erlendur.
Mit jedem Buch lernt der Leser mehr über Erlendurs Hintergrund,
und das Bild von ihm vertieft sich. Das gleiche trifft auch auf seine
Kollegen, Sigurdur Olí und Elinborg zu: Stück für Stück
werden Beschreibungen der beiden eingefügt und wie bei Erlendur,
werden sie dem Leser vertrauter. © August 2005 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Tödliche Intrige" von Arnaldur Indriðason
Ich machte Fehler. Ich tappte in eine Falle nach der
anderen. Manchmal bereitwillig. Tief in mir, wußte ich, dass die
Fallen da waren und wußte, dass sie gefährlich waren, aber
ich wußte doch nichts. Manchmal sagte ich zu mir, dass ich mich
immer wieder selbst auf die Fallen einließ, so oft es nur ging." © Juni 2005 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Menschensöhne" von Arnaldur IndriðasonIrrer Wahn vom ewigen Leben
Ein grausiger Mord steht am Anfang dieses im weiteren
Verlauf eigentlich sehr beschaulichen Thrillers. Ein alter Lehrer stirbt
gefesselt im Feuermehr seines selbst in Brand gesteckten Wohnhauses.
Bedächtig und mühsam entwickeln sich die Ermittlungen des
Kriminalistenpaares Erlendur und Sigurður Óli nach der Vergangenheit
des toten Lehrers. Vermutungen, versteckte Behauptungen und schweigende
Kollegien machen die Suche nach Ursachen, Gründen, Motiven mühsam. © Mai 2005 Redaktionsbüro Geißler für das Literaturportal schwedenkrimi.de |
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Beklemmend - beklemmender - "Todeshauch" von Arnaldur Indriðason
Am Stadtrand von Reykjavik wird ein menschliches Skelett
gefunden. Vieles deutet darauf hin, dass es dort schon eine Weile vergraben
liegt. Erlendur und seine Kollegen der Reykjaviker Kripo sind mit dem
Fall betraut und versuchen herauszufinden, wer in früherer Zeit
in der Gegend des Skelettfundes wohnte und etwas darüber wissen
könnte. So spüren sie die Schwester eines Mannes auf, der
dort ein Ferienhäuschen besaß. Sie weiß Mysteriöses
zu berichten. Die Verlobte ihres mittlerweile verstorbenen Bruders sei
eines Tages spurlos verschwunden und nie wieder gesehen worden. Dies
ist die erste Fährte, der Erlendur folgt. Aus Trauer um seine Verlobte
bezog der Bruder das Häuschen nie, sondern vermietete es während
des zweiten Weltkrieges als Wohnungen knapp wurden. Nur mühevoll
lässt sich rekonstruieren, dass dort einmal eine Familie mit drei
Kindern wohnte, von der man aber kaum etwas weiß. Dies ist die
zweite Spur. Der Leser ist Erlendurs Ermittlungen stets einen Schritt
voraus, denn gleichzeitig zur linearen Erzählung wird von eben
dieser Familie und ihrem Leben berichtet. Dies sind die intensivsten
und beklemmendsten Momente, geht es doch um Misshandlung in der Ehe.
Indridason schildert die körperlichen und weitaus schlimmeren seelischen
Qualen der Mutter so exakt, dass man am liebsten eingreifen würde,
um dem Ganzen eine Ende zu bereiten. Geschickt nähern sich diese
Rückblenden immer mehr dem Stand der Ermittlungen, bis es zur Überschneidung
kommt und die Hintergründe der Tat schließlich gleichzeitig
offengelegt werden. Genauso wie das Skelett, das in mühevoller
Arbeit freigelegt wurde. Und so nähert man sich einem Ende, das
nicht versöhnt und keine Hoffnung anbietet. Die Sünden der
Vergangenheit können nicht gesühnt werden und das Böse
wird bleiben. Ebenso hoffnungslos scheint die Lage von Erlendurs Tochter
zu sein, die im Koma liegt und Erlendur selbst in tiefe Gewissensnöte
stürzt. So erfährt man auch Dinge aus seiner Vergangenheit,
die seinen zynischen Blick auf das Leben ein bisschen erklärbarer
machen. © April 2005 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Menschensöhne" von Arnaldur Indriðason
Die Geschichte beginnt mit dem Selbstmord von Daniel,
ein 40 Jahre alter Patient in einer Nervenheilanstalt in Reykjavik.
Gleichzeitig verbrennt sich ein älterer Lehrer, ein Mann, der Daniel
in den sechziger Jahren unterrichtet hat, der aber erst kürzlich
damit begonnen hat, Daniel in der Klinik zu besuchen. Als Daniels Bruder
herauszufinden versucht, was die beiden verband, findet er zu seinem
Entsetzen Beweise für ein Medikamenten Testprogramm an Kindern,
welches schrecklich schief ging. © Februar 2005 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Gletschergrab" von Arnaldur Indriðason"Es liegt viel Traurigkeit in der Zeit"
Washington - Der amerikanische Geheimdienst
CIA hält eine große Zahl von Akten über Nazi-Verbrecher
zurück. Eine Arbeitsgruppe des US-Kongresses verlangt seit drei
Jahren vergeblich die Herausgabe von mehreren hunderttausend Seiten.
Nach Angaben von Mitarbeitern des Kongresses ist der Geheimdienst zwar
verpflichtet, nach einem 1998 erlassenen Gesetz dem Kongress alle Seiten
aus den geheimen Naziakten zugänglich zu machen. Das Gesetz werde
von der CIA allerdings in ihrem Sinne interpretiert, hieß es.
(Süddeutsche Zeitung vom 02.02.05) © Februar 2005 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Nordermoor" von Arnaldur IndriðasonDüsteres Land düstere Tat - düstere Wahrheit
Von Anfang an ist es da, dieses fröstelnde Gefühl. Vielleicht, weil es so oft regnet in der Geschichte, ganz sich aber, weil es dem Autoren gelingt, persönliche Anteilnahme zu erzeugen. Das unstete und problematische Leben des gestressten Kommissars sorgt in seiner detaillierten und präzisen Charakterdarstellung zudem für reale Nähe. Ein unspektakulärer Mord deutet auf die Normalität auf dem grünen Eiland hin. Andererseits umwirkt die vom Mörder bei der Leiche zurückgelassene, unverständliche Mitteilung das Geschehen geheimnisvoll. Die perverse Sammelleidenschaft des Ermordeten, kombiniert mit der häufig vorherrschenden Düsternis auf der friedlich-einsamen Insel, begleitet einen während der gesamten Ermittlungen mit einem steten Schaudern. Die Spannung steigt zwar nicht dauernd an, aber beispielsweise lösen die eingestreuten Erkenntnisse einer Genanalyse oder die Gewissheit, dass hier ein Fall gelöst, der seit einem Vierteljahrhundert auf ein Ende wartet, anhaltenden Lesereiz aus. Ob Arnaldur Indridason für dieses Buch den Titel Bester skandinavischer Kriminalroman zu Recht erhielt, möge jede und jeder selbst bewerten meiner Ansicht nach gab es zumindest noch ein paar weitere, ebenfalls dafür prädestinierte Kanditatinnen und Kanditaten. Aber sicher ist: Nichts an der Geschichte ist kompliziert, aber auch nichts ist banal. Der Roman verfügt über eine ausgezeichnete Geschwindigkeit, hat trotz vieler Dialoge keine Längen und bietet beste Krimi-Unterhaltung und das auch noch zu einem angenehm geringen Preis. Vielen Dank an Uli Geißler, Freier Journalist und Autor aus Fürth / Bayern© 2003 Redaktionsbüro Geißler für das Literaturportal schwedenkrimi.de |
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"Nordermoor" von Arnaldur Indriðason
Nordermoor wurde zum besten Kriminalroman des Nordens
2002 gewählt und mit dem renommierten "Glasnyckel" ausgezeichnet.
Das hat seine guten Gründe. Ein alter und wie sich schnell herausstellt,
perverser Mann wird tot in seiner Wohnung im Reykjaviker Viertel Nordermoor
aufgefunden. Gleich zu Beginn des Falles wird unsere Neugier vom Autor
auf seine spezielle Art und Weise angestachelt. Auf der Leiche wird
eine Nachricht bestehend aus drei Wörtern gefunden. Nur das letzte
Wort wird nach einigen Seiten preisgegeben. Immer wieder kommt die rätselhafte
Nachricht ins Spiel. Sie ist auch Hinweis darauf, dass dies kein typisch
isländischer Mord ist. Denn der wird mehrfach als schäbig,
sinnlos und schlampig bezeichnet. Wer hätte gedacht, dass es landestypische
Morde gibt. Die Suche nach dem Mörder, die weit in die Biografien
von Opfer und anderer Beteiligter zurückgreift, und das private
Desaster von Ermittler Erlendur Sveinsson sind allein schon packend
und das Lesen wert. Aber dieses Buch hat eine ganz besondere Stimmung.
Eigentlich müsste man sich in den Film "Sieben" versetzt
fühlen, denn es regnet und stürmt jeden Tag ununterbrochen.
Die ganzen Ermittlungen finden in Dunkelheit und Dauerregen statt. Hinzu
kommt, dass Erlendur gesundheitliche Probleme hat, seit 20 Jahren geschieden
ist und wahre "Problemkinder" hat. Kaum Kontakt zum trinkenden
Sohn und von seiner drogenabhängigen Tochter in eine seelische
Berg- und Talfahrt geschickt wird. © 2003 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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