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Elsebeth Egholm betreibt in „Blutzoll“ „Existenzforschung“. Sie spürt der Frage nach, wie sehr unsere Herkunft unsere Existenz beeinflusst und was sie für unser Dasein bedeutet. Und was passiert, wenn uns unsere Wurzeln plötzlich abhanden kommen?
„Sie haben eine Frauenleiche beim Showboat gefunden.“ (…) „Und ihr wart zufällig in der Nähe?“ (…) „Wir waren in einem Restaurant in Graven, als Rose anrief.“ Sie sagte das mit einem Blick zu ihrer Tochter hinüber, die dicht neben einem jungen Einwanderer stand. Wagner begriff plötzlich, dass Dicte ihre eigenen Probleme hatte.
Von Familien und anderen Banden
Die hat Dicte Svendsen in der Tat gleich mehrfach. Zum einen kämpft sie nach wie vor mit den schrecklichen Erinnerungen an die Zeit vor ein paar Monaten, als ein Serientäter ihr Leben bedrohte. Zum anderen hat ihr ihr Lebensgefährte, der Fotograf Bo, gerade mitgeteilt, dass er zur Kriegsberichterstattung für drei Wochen in den Irak gehen wird, und zu guter Letzt enthüllt ihr ihre 18jährige Tochter Rose, dass sie einen jungen Einwanderer, den Moslem Aziz, zum Freund hat. Die Probleme sind vorprogrammiert. Außerdem erinnert sie der Fall der jungen Frauenleiche, die hinter einem Müllcontainer am Hafen von Århus gefunden wird, an ihre eigene Vergangenheit. Es stellt sich nämlich heraus, dass hier illegale Geschäfte mit Leihmüttern gemacht werden. Dicte selbst hat als junges Mädchen ihr Erstgeborenes zur Adoption frei gegeben. So beginnt die Journalistin, auf eigene Faust zu recherchieren und gerät dabei in die Schusslinie der skrupellosen Menschenhändler. Gleichzeitig ist da Anne, Dictes Freundin und Adoptivkind eines Pastorenehepaars, die erfährt, dass sie nicht die ist, die sie zu sein glaubte. Auch Wagner, der ermittelnde Kommissar, berührt der Fall auf einer privaten Ebene, wird er doch von seiner Frau Ida Maria bedrängt, eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen. Hier also Menschen, die sich nichts sehnlicher wünschen, als ein Kind. Dort junge, osteuropäische Mädchen ohne Hoffnung, die das einzige, aus dem sie Kapital schlagen können, nämliche ihren Körper, zum Verkauf feilbieten und anderer Leute Kinder austragen – Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung herrscht auf beiden Seiten.
Buchtipp |
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Bei all den Nebenerzählungen könnte die Gefahr bestehen, dass „Blutzoll“ zum Lifestyle-Thriller verkommt, in dem eine Protagonistin und ihre emotionalen Befindlichkeiten in den Vordergrund gestellt werden. Doch davon ist der Roman meilenweit entfernt.
Einfühlsam, authentisch und glaubwürdig
Die in den Nebensträngen erzählten Geschichten über Aziz, Anne und John Wagner sind zu keiner Zeit privatistisch, sondern fungieren als Folie, vor deren Hintergrund der Mord an der jungen Leihmutter seine gesellschaftliche Kontextualisierung findet. Dabei erzählt Elsebeth Egholm jede Geschichte mit großem Einfühlungsvermögen. Das Zeitungsmilieu ist genauso authentisch dargestellt wie das der Einwanderer, die Personenschilderungen sind differenziert, und nie verrät sie ihre Charaktere an billige Klischees. So lässt sie beispielsweise Dicte nicht als die tolerante, aufgeklärte und politisch korrekte Journalistin reagieren, als sie von Aziz und Rose erfährt, sondern als Mutter, die sich, wohl wissend um die politisch-gesellschaftliche Situation und Haltung der Dänen, Sorgen macht und durchaus ambivalente Gefühle gegenüber Ausländern hegt.
Was die Herkunft für unsere Existenz bedeutet
Beeindruckend ist auch Elsebeth Egholms Schilderung des Einwanderermilieus als Gesellschaft in der Gesellschaft. Sie macht deutlich, wie wenig es manchmal braucht, vom Handlanger zum Mörder zu werden, vom Unschuldigen zum Schuldigen, und wie schwer es sein kann, sich von seiner Herkunft zu lösen, um ein anderes Leben zu leben. Doch auch die „Einheimischen“, die Dänen, sind nicht alles Unschuldslämmer. Opfer und Täter gibt es hier wie dort, und es gehört zu den ganz großen Verdiensten des Romans, die Einwandererproblematik, obwohl in einen Kriminalroman eingebunden, so nuanciert darzustellen. Dabei kreist letztlich alles um die Frage, wer wir sind, inwiefern unsere Herkunft unser Dasein beeinflusst und was passiert, wenn uns unsere Wurzeln abhanden kommen. Wer will, kann „Blutzoll“ als eine Art Existenzforschung betrachten. Darüber hinaus aber bietet der Roman alles, was einen guten Krimi auszeichnet: Spannung, eine glaubwürdige Geschichte und authentische Charaktere, die zur Identifikation einladen und von denen man unbedingt mehr lesen will.
Vielen Dank an Alexandra Hagenguth
© Juli 2007 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
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In der Flut nordischer Kriminalromane drohen manche Autoren, die noch keine "Klassiker" sind, manchmal unterzugehen. So auch die bisher nicht sehr bekannte Dänin Elsebeth Egholm - und dies völlig zu Unrecht. Sie hat es verdient, in einem Atemzug mit anderen, bekannteren Autorinnen wie Helene Tursten oder Liza Marklund genannt zu werden.
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In ihrem neuesten Werk, "Das nächste Opfer",
geht es zum zweiten Mal um eine Journalistin (Marklund lässt grüßen!)namens
Dicte Svendsen, die über den grausigen Fund einer Frauenleiche
im Moor von Arhus berichten soll. Eng verknüpft wird dies mit ihrer
persönlichen Geschichte, ist die Leiche doch die Schwester ihrer
Nachbarin und wird von Svendsens eigener Tochter Rose aufgefunden. Dicte
Svendsen ist, im Gegensatz zu Marklunds kühler Karrierefrau Annika
Bengtzon, eine ganz anders geartete Journalistin. Sie lebt als alleinerziehende
Mutter einer Tochter etwas abseits von Arhus und hat eine nicht sorgenfreie
Beziehung zu einem Fotografen ihrer Zeitung. Beide bemerken eines Nachts,
dass die Scheune ihrer verreisten Nachbarn brennt. Durch Dictes und
Bos beherztes Eingreifen können die meisten Pferde und das Haupthaus
gerettet werden. Am Tag darauf entdeckt Dictes Tochter Rose bei einem
Spaziergang im Moor die Leiche der jungen Inger, über die zunächst
nicht viel bekannt ist, da sie nur vorübergehend bei ihrer Schwester
wohnt. In diesem Fall
ermittelt schließlich John Wagner, den Dicte durch ihre Freundin,
mit der er zusammenwohnt (vgl. "Der tote Knabe", der erste
Fall in der Dicte-Svendsen-Reihe), kennt. Wenig später wird auch
noch eine zweite Frau auf die gleiche Weise ermordet aufgefunden. Die
Ermittler gehen von einem Serienmörder aus. Als Dictes Artikel
in der Zeitung erscheinen, bekommt auch sie plötzlich Drohungen.
Langsam kristallisiert sich ein Motiv heraus, das in der persönlichen
Geschichte der drei Frauen unabhängig voneinander zu finden ist.
Für Dicte wird das Ganze zu einem Nervenspiel.
Elsebeth Egholm versteht es, die Spannung auf den Höhepunkt am
Ende hinzutreiben. Nur allmählich lichtet sich der Nebel über
der Geschichte und Verborgenes aus der Vergangenheit tritt ans Licht.
Dieses Verborgene ist eine seltsam faszinierende Mischung aus Schuld,
Hass, Liebe, religiösem Fanatismus und schließlich Rache,
die den Täter antreibt. Egholm verleiht jeder ihrer Figuren ein
Gesicht, eine Persönlichkeit, sodass man sich ihnen ganz nah fühlt,
mit ihnen leidet und bangt.
Erfreulich ist auch die Sprache, teils lakonisch, immer präzise
und durch die Bedeutung der Musik manchmal auch poetisch. Hoffentlich
wird dies nicht der letzte Fall sein, in den Dicte Svendsen hineinstolpert.
Vielen Dank an unsere Rezensentin Katja Perret.
© Dezember 2005 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien