Inger Frimansson - Ein Selbstportrait
Mein ganzes Leben war ich darauf ausgerichtet, zu schreiben.
Ich war eine von denen, die am besten in der ganzen Klasse im Aufsatzschreiben
war und ich habe mich früh darauf eingestellt, Schriftsteller
zu werden, auch wenn ich einsah, dass man sich damit nicht ernähren
konnte. Das ist nur sehr wenigen vergönnt.
Bis zur dritten Klasse sind wir ziemlich viel umgezogen. Wir haben
unter anderem auf Gotland gewohnt (meine Mamma ist von dort) und
an mehreren Orten in Småland. Allmählich landeten wir
in Jönköping. Dort habe ich auch 1965 das Abitur gemacht
in der Lateinlinie. Zu dieser Zeit hieß ich Wilén.
Während meiner Jugendzeit habe ich eine Anzahl literarischer
Wettbewerbe gewonnen (unter anderem den sog. Kleinen Nobelpreis
1963, was zur Folge hatte, dass ich nach Stockholm fahren und
bei der Nobelpreisverleihung im Konzerthaus dabei sein durfte),
aber erst 1984 debütierte ich in der
Belletristik. Im selben Jahr bin ich 40 geworden.
In der Zwischenzeit habe ich eine Ausbildung zur Journalistin
gemacht und eine Familie gegründet. Einen Vollzeitjob zu
haben und außerdem zwei Kinder aufzuziehen, sich ums Heim
und den Haushalt zu kümmern, lässt nicht viel Zeit fürs
Schreiben übrig.
Während der Jahre, die seit 1984 vergangen sind, war ich
gegen Entlohnung produktiv. Dank generöser Arbeitgeber und
Stipendien konnte ich zwischendurch ein Sabbatjahr nehmen und
von meiner Arbeit als Journalistin pausieren. Seit dem Jahreswechsel
1997-1998 bin ich sozusagen Vollzeit-Schriftsteller.
Im Grenzland
Ich mag es, zwischen verschiedenen Genres zu wechseln und habe sowohl
Romane, Lyrik, Novellen als auch Jugendbücher herausgegeben.
Meine Romane haben sich oft im Grenzland zu psychologischen Thrillern
bewegt. 1997 wagte ich den Schritt mit "Fruktar jag intet ont"
(Fürchte ich nichts Böses). Der Roman spielt in der Hauptsache
in Hässelby vor den Toren Stockholms. Hässelbys Eigenheimmilieu
ist eine sehr gut geregelte Gemeinde mit wenigen sozialen Problemen.
Jedenfalls von außen betrachtet. Aber was geschieht hinter
den geputzten und wohl geordneten Fassaden? Dieser Gedanke fasziniert
mich. Was unter der Oberfläche geschieht, das, was man nicht
sieht. Die Stille, die Sprachlosigkeit hinter dem sichtbar Geborgenen
und Wohlerzogenen.
Ich habe 27 Jahre in Hässelby gewohnt und bin mit der Gegend
gut vertraut. Im Herbst 2000 bin ich nach Kungholmen gezogen und
es hat sich herausgestellt, dass auch dieses Milieu mich inspirieren
kann.
Meinen ernsthaften Durchbruch hatte ich mit "God natt min
älskade" (Gute Nacht, mein Geliebter), das 1998 erschien
und von der Schwedischen Krimiakademie (Svenska Deckarakademin)
als bester Krimi des Jahres geehrt wurde. Die Begründung
der Jury lautete wie folgt: "Ein psychologischer Thriller
über Ungezogenheiten und Rache, der den Leser lange Zeit
nicht mehr los lässt." Die anderen Nominierten für
diesen Preis waren unter anderem Henning Mankell, Håkan
Nesser und Åke Edwardson. Die Handlung spielt sowohl in
Hässelby als auch in Malaysias undurchdringlichstem Dschungel,
wohin ich mich zwecks Recherche selbst begeben habe. Ich habe
selbst alle Ängste durchgestanden, die auch die Hauptperson
Justine Dalvik erlebt hat, na ja, nicht richtig alle...
Der dritte Psychothriller erschien 1999 und hieß "Mannen
med oxhjärtat" (Der Mann mit dem Ochsenherz). Auch dieser
Roman beruht auf einer gründlichen Recherche. Für ein
paar Wochen "arbeitete ich" zusammen mit ein paar Feuerwehrmännern
der Östermalm Feuerwache in Stockholm, um so viel wie möglich
über die Arbeit der Feuerwehrleute zu lernen. Die Handlung
spielt sowohl im Feuerwehrmilieu als auch in Hässelby. Einer
der Feuerwehrmänner las das Manuskript Korrektur, so dass
alle technischen Details korrekt waren.
Buchtipp |
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Im Herbst 2000 erschien "Katten som inte dog" (Die Katze,
die nicht starb), ein psychologischer Thriller über einen
Totschlag im Affekt und die
vergeblichen Versuche, ihn zu vertuschen.
Der neuste Psychothriller heißt "Ett mycket bättre
liv" (Ein sehr viel besseres Leben) und ist bei Norstedts
2001 erschienen. Die Kindertagesstätte
Vitsippan in Hässelby bereitet ihr Fest zum 20jährigen
Bestehen vor. Kinder und Personal pflücken Frühlingsblumen,
während die vierjährige Angelica, die leicht Fieber
hat, in ihrem Kinderwagen etwas weiter weg schläft. Alles
scheint sehr idyllisch. Aber als das Personal zum Kinderwagen
zurückkehrt,
ist er leer - Angelica ist spurlos verschwunden.
Über Inger Frimansson selbst kann man folgende Karteikarten-Stichworte
notieren:
Aufgewachsen in einem kleinbürgerlichen Milieu.
Seit 32 Jahren mit dem Journalisten Jan verheiratet.
Zwei erwachsene Töchter.
Hobbys: Reiten, am liebsten auf Islandpferden, zusammen mit ihrem
Mann.
Besonderer Charakterzug: Freundlich beobachtende Integrität.
Vår bostad August 2000 Text: Maria Arnedotter
Übersetzung:
Alexandra Hagenguth/
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