Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
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Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
 
Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
Hier können Sie Probelesen im neuen Buch des Autors Jon Michelet.
Jetzt bestellen Abendlied in Alma Ata

Gebundene Ausgabe
128 Seiten
Piper Verlag
Erscheinungsdatum:
Mai 2008
ISBN: 3492052495
Originaltitel:
"Aftensang i Alma Ata"
Übersetzung:
Gabriele Haefs


Kurzbeschreibung

Zwei norwegische Elitesoldaten geraten in den Bergen Zentralasiens in die Interessenkonflikte der verschiedenen Geheimdienste. Während neue und alte Bündnispartner freundlich in die Objektive der Welt lächeln, geht es hinter den Kulissen erbarmungslos um Geld, Macht und die uralte Frage: Freund oder Feind?
Top aktuell und beklemmend realistisch - der neue Michelet ist da!


Leseprobe

Ein Kommandant auf der Bude

Die beiden Matrosen saßen auf wackeligen Barhockern und tranken kein Bier, obwohl sie reichliche Mengen Mack-Flaschen in Reichweite hatten, in dem schwarzlackierten Kühlschrank hinter dem Tresen. Sie hatten eine seit undenklichen Zeiten nicht mehr benutzte Kaffeemaschine angeworfen, und sie hatten ihre mit Ankern bemalten Tassen auf den Resopalbelag des Tresens gestellt, der im Laufe der Jahre durch Bierspritzer und Brandspuren selbstgedrehter Zigaretten eine gewisse Patina entwickelt hatte.
Der eine Matrose strich sich mit der linken Hand die unvorschriftsmäßig langen und unnorwegisch dunklen Haare aus dem Gesicht und verrührte mit einem braungesprenkelten Tierknochen, den er in der rechten Hand hielt, Zucker in seiner Tasse. An einem der langen Finger dieser Hand steckte ein Silberring mit einem Totenkopf. Den Ring hatte er von seiner Mutter zur Konfirmation erhalten. Der Knochen, mit dem er rührte, war ebenso lang wie ein durchschnittlicher erigierter Männerpenis, also nach den jüngsten Untersuchungen 16,5 Zentimeter.
"Hast du irgendeine Ahnung, auf was für Scheißärsche wir hier warten?", fragte der andere Matrose. Das Namensschild auf seinem dunkelblauen Troyer verriet, dass er Aronsen hieß. Er war untersetzt und hatte den marineüblichen blonden Kurzhaarschnitt. In seinem runden, winterbleichen Gesicht waren Spuren von schwarzer Schminke mit einem leichten Einschlag von Grün zu sehen.
"Große Kanonen, nehme ich an. Die lassen uns Decksjungs doch immer schimmelig werden."
"Du hast dein Namensschild vergessen", sagte Aronsen.
"Und du die Kuh. Außerdem hättest du dir die Tarnbemalung aus der Visage waschen müssen."
"Wir kommen doch gerade von einer Nahkampfübung", sagte Aronsen. "Wir sind immer im Manöver. Wir haben uns zu einem ununterbrochenen Feldmanöver von vier Jahren anwerben lassen."
Aus den Taschen fischte der eine ein Namensschild, der andere ein vergoldetes Abzeichen. Dieses Abzeichen ist das Symbol der Marinejäger und wird in ihrem Jargon die "Marinejägerkuh" genannt. Warum es Kuh heißt, weiß längst niemand mehr. Es ist ein ziemlich seltsamer Name, wenn wir das Motiv betrachten. Denn das goldene Abzeichen zeigt zwei übellaunige Fische, von denen jeder mit seinem Stirnknorpel ein Krönchen stemmt, während sie über ein stark stilisiertes U-Boot hinwegschwimmen. Die beiden Fische haben eine leichte Ähnlichkeit mit Seeungeheuern, nichts aber verbindet sie mit dem Säugetier, das "Seekuh" genannt wird.
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Rezension
Die Matrosen befestigten Schild und Abzeichen an ihren Troyern. Aronsen drehte die Stereoanlage auf. "Get it on."
" Hank Von Helvete in Prachtform "‚ stellte Aronsen fest.
"Wer hat denn eine Scheibe von Turboneger hier eingeschleppt? "
"Zwei verrückte Mädels aus Lødingen", erwiderte Aronsen. "Sag mal, warum müssen wir gerade hier in der Bude warten, wo sich doch höhere Offiziere angemeldet haben?", fragte er dann.
Als Antwort bekam er nur ein Zucken der für einen Kommandosoldaten nicht gerade breiten Schultern seines Kollegen. Wenn es auf der Bude "Fest m/Damenbegl." gab, nahm der seinen Sombrero von der Wand, musterte die geladenen Versucherinnen mit diabolischem Blick, zog den Hut tief in die Stirn, verkündete, er sei das Blutrünstige Mexikanische Skelett, forderte die Molligste zum ersten Tanz auf und kitzelte sie an allen möglichen Stellen mit einer aus Gips und Stahldraht gefertigten Knochenhand. Jetzt erhob er sich und drehte die Musik aus.
Aronsen nahm das hin, setzte sich und schaute zu einem Blechschild über dem Tresen hoch, auf dem in gotischen Buchstaben ein Motto kundgetan wurde: "Die Hälfte seines Lebens wartet der Soldat vergebens." Mit Filzstift waren hinter "vergebens" allerlei Zusätze hinzugefügt worden: "auf den Russen" war ein alter. Er war durchgestrichen und durch "auf den Chinesen" ersetzt worden. Neuzugänge waren "auf Halle Berry" und "auf Osama". Der Klassiker "auf Godot" war natürlich ebenfalls vertreten, zusammen mit anderen bekannten Größen wie "auf Ehre", "auf Essen" und "auf Mama".
Beide Marinejäger erfassten mit ihren geschärften Sinnen gleichzeitig, dass jemand sich auf die Bude zubewegte. Sie hörten Schritte in dem feuchten frischen Schnee und sahen durch das verdreckte Fenster bei der Tür im trüben Tageslicht draußen Schatten. Die Matrosen setzten ihre Käppis auf und rutschten von den Hockern.
Die Tür wurde geöffnet. Ein Windstoß fegte herein. Die beiden Matrosen erkannten sofort den Mann, der den Raum als Erster betrat, er war erst kürzlich in Ramsund gewesen, um das Marinejägerkommando über neue Anti-Terror-Strategien zu informieren. In letzter Zeit war er außerdem in den Veröffentlichungen des Militärs und in der zivilen Presse aufgetreten, da er umstrittene Meinungen vertrat und sich ehrabschneidend über eine hochwohlgeborene Person geäußert hatte.
Die Matrosen nahmen Habacht-Haltung ein und salutierten.
Kommandeur Sørsæther tippte daraufhin seine eigene Mütze mit zwei Wurstfingern an. Auch er trug ein Käppi, das schwarze Modell, das die Marine-Offiziere benutzen, wenn es unpraktisch ist, die übliche Uniformmütze mit dem blanken, mit Eichenlaub besetzten Schirm zu tragen.

Buchtipp
KOMA
Das überraschte Aufkeuchen, das keiner der beiden Matrosen unterdrücken konnte, lag kaum daran, dass ihr absolut inoffizielles Freizeithaus von einer Person im hohen Rang eines
Kommandeurs betreten wurde. Was sie überraschte, war vor allem, dass dem Kommandeur zwei Männer in der grünen Uniform des Heeres folgten. Personal vom Heer hatte noch nie seine verdreckten Füße in die heilige Bude der Marinejäger gesetzt. Der Ältere der Grünen trug auf seinen Schulterklappen die beiden Sterne eines Majors, der andere war Leutnant. Der Leutnant schleppte eine große Tasche, die er auf den Boden fallen ließ. Der Major hatte einen kleinen Werkzeugkasten bei sich, den er nicht abstellte. Aus diesem Kasten ragte ein Gegenstand hervor, der wie eine Satellitenschüssel in Miniaturformat aussah. Beide Männer schienen zu frieren und zugleich zu schwitzen, nachdem sie vom Militärhafen unten am Meer im Schneegestöber durch den Birkenwald den Hang hochgeklettert waren. Vom Ramsund her wehte cm scharfer Südwind und trieb schneehaltige Wolken über den Ofotfjord.
Es war der Winter im neuen Jahrhundert, in dem die USA ihren Angriff auf den Irak planten und verzweifelt nach einer Begründung für diesen Feldzug suchten, am besten eine rauchende Pistole oder Personen, die mit rauchenden Pistolen in Verbindung gebracht werden konnten. Die NATO-Sprache hatte eine neue Abkürzung entwickelt, WMD, "Weapon of Mass Destruction". Inzwischen war der Februar gekommen. Nur wenige Tage zuvor hatten die Matrosen Bilder der Raumfähre Columbia gesehen, die sich beim Landeanflug über Texas in brennende Bestandteile aufgelöst hatte.
Der Kommandeur war clever genug gewesen, sich aus der Kleiderkammer der Marine ein nützliches Teil mitzunehmen, nämlich die beschützende und zugleich atmungsaktive Allwetterjacke - die so genannte Panzerkutte -‚ die in den besten Labors in Deutschland und Trondheim nicht weniger als vier Jahre lang getestet worden war, ehe sie für würdig genug befunden werden konnte, im, wie es hieß, "Konzept für blaues Regulativ" zur Anwendung zu kommen. Er wischte sich Schnee von der Jacke. Sie war ein wenig zu groß für ihn. Die Reflexbänder an den Ärmeln verbargen seine Hände, wenn er die Arme herunterhängen ließ.
"Wir sind ein frisch gegründetes Team für Anti-Terror-Maßnahmen, das soeben im Norden das Vardø-Radar inspiziert hat", teilte der Marine-Offizier den Matrosen mit. "Ihr kennt mich ja. Der Ordnung halber: Ich bin Kommandeur Sørsæther. Ich habe - da ich ohnehin hier in der Gegend bin - den Befehl des Oberkommandos erhalten, euch beide mündlich über einen Sonderauftrag zu informieren, zu dem ihr abkommandiert worden seid. Die Heeresvertreter haben mich hierher begleitet, weil sie eure Butze einer elektronischen Sicherheitsüberprüfung unterziehen sollen, ehe wir weiterquatschen können."
Die beiden Grünen schauten sich im Raum mit kritischer Miene um, dann verließen sie die Barabteilung und rumorten im Hinterzimmer herum, wo sich die Küche befunden hatte, damals, als die Bude ein normales Wohnhaus einer normalen und schlichten Bauernfamilie gewesen war.
"Wenn die hier Dinge finden, die der Feind installiert hat, dann fall ich aber wirklich aus allen Wolken", sagte der Kommandeur zu den beiden weiterhin strammstehenden Matrosen. "Aber jetzt rührt euch doch, verdammt noch mal, Leute, setzt euch aufs Sofa. Kann ich mich hier irgendwo hinsetzen?"
Er schob einen mit einer Motorsäge aus sibirischem Treibholz zurechtgezimmerten Holzstuhl an den verrosteten Holzofen, öffnete die Ofentür und warf eine Hand voll Reisig aufs Feuer. Die Matrosen legten ein Rentierfell auf den durchlöcherten Skaibezug des Sofas, ehe sie sich setzten. Ihre Kaffeetassen stellten sie auf den Deckel eines WC aus rostfreiem Stahl, das als Couchtisch Dienst tat.
Kommandeur Sørsæther musterte ihre Namensschilder.
"Aronsen, ja", sagte er. "Du hast deinen ersten seriösen Auslandsejnsatz tief im bosnischen Winterwald absolviert und Jagd auf General Ratko Mladic gemacht. Die Marine landet wahrlich an den seltsamsten neuen Frontabschnitten. War nicht leicht, in dem vielen Schnee in der olympischen Landschaft um Sarajewo den Bau dieses gerissenen serbischen Fuchses zu finden, was?"

Danke an den Stegemann Verlag für die Veröffentlichungserlaubnis.
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