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"Ich war nie bei dir" von Leena Lehtolainen
Porträt einer unfreien Mittelschicht
Leena Lehtolainens neuer Roman ist ganz anders als ihre bisherigen Bücher, nämlich rabenschwarz und bitterböse. Jaanas Mann Riku verschwindet während eines Familienurlaubs, ohne daß klar ist, auf welchem Wege und warum.
Lehtolainen erzählt die Geschichte von Jaana und Riku mit zwei Stimmen, indem sie beider Tagebuchaufzeichnungen gegeneinandermoniert. Wir erfahren nicht nur von einer lieblosen und längst nur noch durch die Kinder und einen Hauskredit zusammengehaltenen Ehe. Wir erfahren auch von verlorenen Illusionen, faulen Kompromissen und von Rikus nicht behandelter Depression.
Das ist spannend, dicht, stark und psychologisch und sozial genau erzählt. Offensichtlich hat die Autorin aber der Kraft ihrer Geschichte nicht vertraut. Sie hat eine dritte Ich-Erzählerin eingeführt, nämlich eine Schriftstellerin und Studienkollegin von Jaana, die die Geschichte von Riku und Jaana zu Papier bringt. Der Beitrag der Erzählerin besteht vor allem in äußerst negativen Kommentierungen von Jaanas Handeln und Denken, ohne daß die Grundlage dieser Bewertungen aus der Erzählung deutlich wird. Nach und nach ersteht das Bild einer Autorin, die die ihr anvertraute Geschichte skrupellos für eigene Zwecke ausbeutet. Eine dramaturgische Funktion hat dieser Handlungsstrang nicht. Er ist offensichtlich vor allem für Leena Lehtolainen von Bedeutung, die sich, so wird in der Krimi-Blogosphäre kolportiert, währen der Arbeit an "Ich war nie bei dir" selbst in einer Lebens- und Schaffenskrise befand.
Wer mag, kann "Ich war nie bei dir" als Krimi lesen. Vor allem aber ist der Roman ein faszinierendes Porträt einer unfreien Mittelschicht, zermürbt von der Angst vor Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg.
Vielen Dank an Dr. Kerstin Herbst aus Berlin
© Mai 2010 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
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"Auf der falschen Spur" von Leena Lehtolainen
Die falsche Spur ist eine Bananenschale
Leena Lehtolainen kann Politkrimi, Programmkrimi, und sie kann auch die sprichwörtlichen „kleinen Morde unter Freunden“. Sie kann mit leichter Hand und unbestechlichem Blick überzeugende Sozio- und Psychogramme ihrer handelnden Personen erschaffen, und im allgemeinen placiert sie ihre Verbrechen dort, wo sie hingehören, nämlich ins Zentrum relevanter gesellschaftlicher Entwicklungen. Leider findet sich nichts von alldem in „Auf der falschen Spur“.
Erinnern wir uns: Am Ende von „Wer sich nicht fügen will“ beschließt Maria Kallio aus mehreren guten Gründen, ihre Stelle als Leiterin der Abteilung Gewaltkriminaltiät bei der Polizei in Espoo zu kündigen. Gemeinsam mit ihrer Freundin Leena will sie eine Anwaltskanzlei für diejenigen eröffnen, die sich normalerweise keine qualifizierte anwaltliche Vertretung leisten können. Am Beginn von „Auf der falschen Spur“ wird jedoch ziemlich unmotiviert mitgeteilt - siehe Leseprobe (Verlags-PDF), daß die bedauernswerte Leena einen Verkehrsunfall mit Querschnittslähmung erleidet, weshalb es mit der Armen-Anwaltskanzlei nichts wird. Kallio kommt glücklicherweise in einem Forschungsprojekt des finnischen Innenministeriums zum Thema „Gewalt in der Familie“ unter. Dann taucht die Sportjournalistin Jutta auf, die, seitdem sie einen Dopingskandal aufgedeckt hat, bedroht wird und nach einem Verkehrsunfall (!) gehbehindert ist. Jutta fühlt sich verfolgt, und deshalb macht Leena Jutta und Maria miteinander bekannt, um die Bedrohungssituation zu diskutieren.
Zufälligerweise sind Leena und Jutta Kolleginnen. Leena, zu schwach, um mit Kallio eine Anwaltskanzlei zu führen, arbeitet als juristische Beraterin beim finnischen Behindertensportverband (!), für den wiederum Jutta eine PR-Kampagne betreut. Und just auf dem Pressetermin, bei dem Juttas Kampagne der Öffentlichkeit vorgestellt wird, stirbt der Chef des Behindertensportverbandes. Dies wiederum ruft Innenministerium und Polizeiführung auf den Plan. Schließlich ist Sport in Finnland eine Angelegenheit von nationaler Bedeutung. Es wird eine Sonderkommission eingerichtet, für deren Leitung natürlich nur Maria Kallio in Frage kommt, die dank des Kleingedruckten in ihrem Arbeitsvertrag wieder in den Polizeidienst versetzt werden kann.
Kallio, die sich zähneknirschend und mit Unterwerfungsgesten gegenüber ihrem Mann Antti in den neuen Job schickt, bekommt relativ schnell heraus, daß der Verblichene ein richtig schlimmer Finger war. Er hat sich nicht nur öffentlich für eine finanzielle Bevorzugung des Hochleistungssports zu Lasten des Breitensports ausgesprochen. Nichtöffentlich hatte er auch versucht, vielversprechende Nachwuchssportler_innen für ein als „medizinische Unterstützung“ getarntes Dopingprogramm zu gewinnen.
An dieser Stelle (etwa Seite 100), so denkt die durch den Klappentext erwartungsfroh gestimmte Leserin, könnte der Krimi beginnen und etwa folgenden Fragen nachgehen: Wer hat das Dopingprogramm veranlaßt, was hätte der tote Funktionär davon gehabt, wer verdient an Produktion und Verteilung der Mittelchen, was macht das Doping mit den Sportler_innen, usw. Aber leider ist gerade das die „falsche Spur“, auf der nicht nur die Erwartung der Leserin, sondern auch der ganze Text ausrutscht wie auf einer Bananenschale. Leena Lehtolainen benötigt noch 300 Seiten, um uns mitzuteilen, daß Juttas Unfall nichts mit ihren Dopingenthüllungen zu tun hat, daß Arbeitslose auch Menschen sind und daß der Chef des Behindertensportverbandes von einer neurotischen Frau und fiesen Mutter um eine relativ geringe Summe Schwarzgeldes ermordet wurde.
So what. „Auf der falschen Spur“ ist uninteressant, unspannend und irrelevant, weil es uns nichts mitteilt, was wir nicht schon wüßten. Die Rezensentin des empfehlenswerten Audio-Podcasts krimikiste.com ist ebenfalls enttäuscht und gesteht, daß sie etwas Kallio-müde sei (www.krimikiste.com/?s=Lehtolainen). Die Leserin glaubt, daß Leena Lehtolainen momentan selbst nicht genau weiß, wo sie mit Maria Kallio hin will, und wünscht Erkenntnis.
Vielen Dank an Dr. Kerstin Herbst aus Berlin
© April 2010 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
"Kupferglanz" von Leena Lehtolainen
Sentimental Journey ohne Sentimentalität: Leena Lehtolainens eigentliches Krimi-Debüt
Es ist das Verdienst des Hamburger Argument Verlags, Leena Lehtolainen und ihre rundum sympathische Polizistin, Juristin und Ich-Erzählerin Maria Kallio für den deutschsprachigen Raum entdeckt zu haben. Klugerweise übersprangen die Verlegerinnen Lehtolainens Krimi-Erstlinge „Alle singen im Chor“ und „Auf die feine Art“ (die dann von Rowohlt auf den Markt gebracht wurden) und stiegen 1999 mit „Kupferglanz“ein, Maria Kallios drittem Fall und Lehtolainens eigentlichem Krimi-Debüt.
Der Roman beginnt harmlos: Die Anwaltskanzlei, in der Maria in „Auf die feine Art“ auch die unsauberen Machenschaften des Inhabers aufgedeckt hatte, ist bankrott. Maria ist arbeitslos, Antti in Chicago, und die nächste Rate des Studienkredits wird bald fällig. Da erhält sie das Angebot, für einige Monate den Ortspolizeidirektor ihrer nordfinnischen Heimatstadt Arpikylä zu vertreten.
Kallio nimmt an. Sie hofft, daß sie das kommende halbe Jahr vor allem mit dem Unterschreiben von Führerscheinen und der Verfolgung von Mopeddieben verbringen wird, und weiß zugleich, daß es so nicht kommen wird: „Arpikylä – das Narbendorf. Der Name war absurd. Man behauptete, er wäre von den wundenartigen Rändern und der schorfbraunen Farbe der Erzschicht unter dem alten Bergwerkshügel abgeleitet. Ein Schulfreund von mir, der die Stadt haßte, hatte immer erklärt, der Name käme daher, daß keiner dort leben konnte, ohne Narben davonzutragen. Natürlich war es ein trostloser Ort, wie jede Kleinstadt, die um einen einzigen Betrieb gewachsen ist.“
Damit ist das Thema von „Kupferglanz“ umrissen: Wie kommen Menschen an einem Ort klar, der um eine Kupfergrube herum organisiert ist, die aber längst geschlossen ist, und wo ein Weißer Ritter erscheint, der mit viel PR und viel öffentlichem Geld die alte Grube in ein Touristenbergwerk verwandelt (ein Schelm, wer da an die Konversion des Ruhrgebiets und die ostdeutschen ABM-Gesellschaften der 1990er Jahre denkt)?
Während der Feier zur Eröffnung des Touristenbergwerks gibt es die erste Tote. Im Zuge ihrer Ermittlungen fördert Kallio dann mehr über die kulturelle und politische Elite von Arpikylä zutage, als sie jemals wissen wollte – schließlich sind alle Verdächtigen Kindheits- und Jugendfreund_innen der Kommissarin. Als – übrigens in einem furiosen Showdown gestellter – Mörder erweist sich ein böses Alter Ego von Maria Kallio, das den schwierigen Arbeitsbedingungen im Kupfer und den verriegelten sozial-kulturellen Aufstiegschancen in Arpikylä ebenfalls nur durch Flucht entgehen konnte.
Am Ende von „Kupferglanz“ weiß Kallio, wer drei Tote zu verantworten hat. Sie weiß aber auch, daß damit nichts gut ist, denn Arpikylä wird noch jahrelang die Kredite für das gescheiterte Projekt Touristenbergwerk zurückzahlen müssen. Versöhnliches findet nur im privaten Bereich statt: Es gibt eine glückliche Coming out-Geschichte, Maria wird ein lukrativer Job bei der Kripo in Espoo angeboten, und sie beschließt, Antti zu heiraten.
In „Kupferglanz“ zeigt Leena Lehtolainen zum ersten Mal zwei grundlegende Fähigkeiten guter Krimiautor_innen. Sie erschafft mit leichter Hand und unbestechlichem Blick überzeugende Sozio- und Psychogramme ihrer handelnden Personen, und sie placiert ihre Verbrechen dort, wo sie hingehören, im Zentrum relevanter gesellschaftlicher Entwicklungen.
Vielen Dank an Dr. Kerstin Herbst aus Berlin
© April 2010 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
"Alle singen
im Chor" von Leena Lehtolainen
Stromab treibet mein Boot
Dies ist der erste Fall der temperamentvollen Polizistin/
Juristin Maria Kallio. Wieder einmal springt sie in ihren Semesterferien
bei der Polizei ein, da sie bereits eine Ausbildung auf der Polizeischule
hinter sich hat und das Jurastudium sie gerade wenig interessiert. So
muss sie einen Fall klären, bei dem ein Chormitglied eines Studentenchores
ermordet wurde. Es handelt sich um einen alten Bekannten, Jukka Peltonen,
der sich zum Proben mit weiteren Mitgliedern des Chores im Sommerhaus
seiner Eltern aufhielt. Wie in einem Tableau werden die anderen Mitglieder
des Chores, nun natürlich allesamt verdächtig, vorgestellt
und von Maria Kallio befragt. Der Schlüssel zur Lösung scheint
in der Rekonstruktion der Todesnacht zu liegen, doch keiner der Befragten
kann oder will dazu genaue Angaben machen. In ihren Ermittlungen findet
Maria schließlich heraus, dass Jukka ein wahrer Frauenheld war
und mit mehreren weiblichen Chormitgliedern ein Verhältnis gehabt
hatte. Eifersucht scheint demnach ein mögliches Motiv. Weiter hatte
der Ermordete seine Finger in kriminellen Geschäften.
Was diesen Kriminalroman so reizvoll macht, ist das Hin- und Hergerissensein
der Protagonistin zwischen ihrer offiziellen Rolle als Polizistin und
ihrer privaten Rolle als Maria Kallio, die kaum älter ist als die
Verdächtigen. Immer wieder fällt es ihr schwer, objektiv zu
bleiben und nicht nach Sympathie zu urteilen. Antti, Jukkas bester Freund
und Marias späterer Lebensgefährte, wird trotz anfänglicher
Antipathie am Ende dieses ersten Falls ihr Freund.
Die Auflösung des Falls kommt etwas abrupt und endet in einem kleinen
Showdown. Dieser wirkt überzogen, kann aber den insgesamt positiven
Eindruck des Romans nicht trüben.
Vielen Dank an Katja Perret
© Januar 2007 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
"Auf die
feine Art" von Leena Lehtolainen
Mord in bester Gesellschaft
Dies ist wieder einmal ein sehr persönlich Fall
für die mittlerweile als Juristin arbeitende Maria Kallio. Waren
es in ihrem ersten Fall noch Freunde, in deren Umfeld sie ermitteln
musste, handelt es sich dieses Mal um weitläufige Familienmitglieder.
Gerade ist Maria mit Antti, den man aus "Alle singen im Chor"
bereits kennt, zusammengezogen, da ereignet sich ein Mord innerhalb
seiner Familie. Die zukünftige Frau von Kimmo, dem Bruder seines
Schwagers, wird erwürgt aufgefunden - von Maria. Kimmo, der masochistischen
Neigungen nachgeht, ist sofort verdächtig. Maria übernimmt
seine Verteidigung. Kimmos Familie geriert sich seltsam, hat sie doch
selbst vor nicht allzu langer Zeit eine Tochter durch angeblichen Selbstmord
verloren. Maria glaubt als eine der wenigen an Kimmos Unschuld und ermittelt
unter anderem im recht frivolen Sado-Maso-Milieu, das detailliert beschrieben
wird, quasi als Gegenentwurf zur feinen Gesellschaft. Mehr und mehr
verdichten sich die Zusammenhänge zwischen Kimmos verstorbener
Schwester und dem Mord an Armi, die als neugierig bekannt war und womöglich
etwas über Kimmos Schwester herausgefunden hatte.
In diesem Fall agiert Maria Kallio zwar als Juristin, doch eigentlich
recherchiert sie wie eine Polizistin, die auch dem ermittelnden Beamten
oft in die Quere kommt. Ihr Privatleben wird auch hier wieder genau
beschrieben, besonders ihre Beziehung zu Antti, die noch nicht so gefestigt
ist. Am Ende macht sie sich alleine auf zu Armis Mörder und es
kommt wieder einmal zu einem Lehtolainschen Showdown. Ein komplexer
Kriminalroman, schwungvoll erzählt, mit besonderen Charakteren,
die glaubwürdig konstruiert sind.
Vielen Dank an Katja Perret
© Januar 2007 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
"Wie man
sie zum Schweigen bringt" von Leena Lehtolainen
Nette Unterhaltung, aber kein spannender Krimi
Der Innenarchitekt und Stadtrat Petri Ilveskivi wird
auf dem Weg zu einer Sitzung überfallen. Wenig später stirbt
er an seinen Verletzungen. Haben Nazis den bekennenden Schwulen umgebracht?
Oder vielleicht Stadtratskollege Reijo Rahnasto, dessen Schwiegersohn
eine Affäre mit dem Toten hatte? Die Liste der Verdächtigen
ist damit noch lange nicht vollständig. Eines bekommt Maria Kallio
recht schnell heraus: Jemand hat den Kleinkriminellen Marko angeheuert,
um Petri einen Denkzettel zu verpassen. Doch das hilft Maria nicht weiter,
denn kurz danach wird die Leiche des Ganoven auf einer Müllhalde
entdeckt. Die Anweisung von oben, den Fall damit für beendet anzusehen,
schmeckt ihr überhaupt nicht. Und so ermittelt sie auf eigene Faust
weiter und lässt sich dabei noch nicht einmal von einer Bombe vor
ihrer eigenen Haustür aufhalten.
Die Bombe und die Anweisung der Chefs, den Fall für beendet zu
erklären, gibt natürlich Anlass für die ein oder andere
Passage, in denen Maria Kallio ihre Rolle als Ehefrau und Mutter sowie
ihre Rolle als berufstätige Frau in einem Männerberuf reflektiert.
So heißt es nach der Anweisung, den Mordfall abzuschließen,
beispielsweise: "Als Vorzeigefrau war ich den Herren recht, es
gab nicht viele Kommissarinnen. Aber offenbar hatten sich die Chefs
eingebildet, nach der Ernennung zur Dezernatsleiterin würde ich
aus lauter Dankbarkeit nach ihrer Pfeife tanzen. Ich war mit dem Kopf
durch die gläserne Decke zur Chefetage gestoßen, aber in
Brusthöhe stecken geblieben. Jetzt schnitten mir die Splitter in
die Haut (
)" (S.252). Leena Lehtolainen schafft es, solche
Beobachtungen punktgenau und ohne viel Aufhebens in die Geschichte zu
integrieren. Maria Kallio fungiert dabei mühelos als positives
weibliches Rollenvorbild, ohne dass die Romane deswegen gleich zu einem
feministischen Manifest würden. Das macht sie unbedingt lesenswert.
Aber es fehlt irgendwie der richtige Biss.
Buchtipp |
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Die Bombe ist zwar ein wahrer "Knaller", insgesamt aber plätschert
die Handlung eher gemächlich dahin, Spannung will kaum aufkommen.
Dass Maria Kallio sich nicht gegen ihre Vorgesetzten und deren Befehl,
den Fall ruhen zu lassen, durchsetzen könne, ist allenfalls eine
hypothetische Möglichkeit, sodass das Motiv des politischen Unter-Druck-Setzens
doch allzu harmlos bleibt, um daraus - wie bei politischen Thrillern
- richtigen Nervenkitzel zu ziehen. Allzu schnell wird der Leser zudem
auf die richtige Fährte gelockt. Es gibt auch keine mitreißenden
Action-Szenen und keine dramatischen und/oder unerwarteten Wendungen,
und auch wenn das nun nicht unbedingt Leena Lehtolainens Stil ist, so
hätte man doch gerne eine Handlung, die "bewegt" und
einen Mordfall, der fesselt. Doch statt einer packenden Mordstory erfährt
man viel zu viel über die langsamen und kleinen Fortschritte des
finnischen Frühlings und über Mario Kallios Hormonbewegungen.
Und so wie der finnische Frühling plötzlich und unbemerkt
in den Sommer übergeht, so geht auch der Roman plötzlich zu
Ende. Man weiß am Ende gar nicht so recht, wie es nun eigentlich
dazu gekommen ist, dass der Fall gelöst wurde. "Wie man sie
zum Schweigen bringt" ist zwar nette Unterhaltung, aber kein spannender
Krimi. Dazu ist der Roman zu arm an Höhepunkten, und es fehlt schlicht
eine fesselnde Krimistory.
Vielen Dank an Alexandra Hagenguth
© Februar 2005 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
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"Zeit zu
sterben" von Leena Lehtolainen
Finnland ist anders.
Die Finnen sind anders.
Das Leben in Finnland ist anders.
Folglich sind auch die Bücher von finnischen Autoren und ihre Geschichten
anders. So ist es auch mit diesem Buch. Es hat eine eigentümliche
Atmosphäre, die Geschichte entwickelt sich langsam aber unaufhaltsam.
Säde ist Therapeutin in einem Frauenhaus. Aus ihrer Sicht wird
die Geschichte auch erzählt. Ich fand es interessant, daß
in so einem Krimi das Thema Gewalt gegen Frauen aufgegriffen wird und
wie es dann nach und nach entwickelt wird.
Der erste Mord geschieht fast zufällig, der zweite
Mord fast ebenso, man könnte fast sagen ungewollt, der dritte Mord
schließlich erfordert schon etwas mehr eigenen Einsatz. Parallele
dazu immer wieder die Entwicklungen im Frauenhaus, Erkenntnisse über
die Gründe, warum bzw. wann die Männer gegen ihre Frauen gewalttätig
werden (Haben z.B. die Eishockey-Teams alle ihre Spiele am Wochenende
gewonnen, gibt es weniger Prügel als im gegenteiligen Fall) und
schließlich eine Liebesgeschichte, die unter den denkbar ungünstigsten
Voraussetzungen ihren Anfang und Fortgang nimmt.
Das Ende schließlich präsentiert noch eine Überraschung.
Ein Buch, bei dem ich hin und her gerissen bin, wie ich es nun fand.
Es hat einen ganz eigenen Reiz.
Es entsteht eigentlich keine große Spannung, die einen sozusagen
mitreißt, aber doch soviel, das man weiterlesen will, weil man
wissen will, ob die Morde nun aufgeklärt werden oder ob es noch
zu weiteren Morden kommt. Das Ende trotz der Überraschung fand
ich persönlich eher unbefriedigend, seltsam .... eben "anders"
als man es sonst von einem Krimi gewöhnt ist. Aber das ist ja auch
kein Wunder, denn schließlich ist es eine finnische Autorin und
spielt der Roman in Finnland und da ist eben manches anders.
Vielen Dank an Liisa
© 2002 [
Litkara ] - Die Literatur Karawanserei |
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