Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
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Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
 
Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde

Interview mit dem Autoren Håkan Nesser

Wenn die Geschichte raus muss - Håkan Nesser im Gespräch mit schwedenkrimi.de

Anlässlich der deutschen Veröffentlichung des 8. Romans aus der Van Veeteren-Reihe, "Der Tote am Strand", gab Håkan Nesser uns, dem Literaturportal schwedenkrimi.de, ein Interview und berichtet von Inspiration, Blut, Schweiß und Tränen eines Schriftstellers.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Herr Nesser, Ihr Kommissar Van Veeteren gilt als wortkarg. - Gilt das auch für seinen Erfinder?

Håkan Nesser:
Nein, ich war 25 Jahre lang Lehrer. Da kann man nicht wortkarg sein, das geht gar nicht. Man muss ja die ganze Zeit reden. Wortkarg bin ich nur, wenn ich schreibe, aber ich glaube nicht, dass mich einer meiner Freunde als wortkarg bezeichnen würde - im Gegenteil!

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Ist Van Veeteren in all den Jahren so etwas wie ein guter Freund für Sie geworden?

Håkan Nesser:
Ja, ein guter Freund, das ist das mindeste, was ich über ihn sagen kann. Das passiert einfach, wenn man längere Zeit über ein und dieselbe Person schreibt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Don Quijote-Syndrom. Cervantes schrieb an dem ersten Buch über Don Quijote und je mehr er schrieb, desto mehr mochte er ihn und musste über ihn lachen. Man kann vielleicht ein Buch mit einem unsympathischen Helden schreiben, aber nicht mehrere. Van Veeteren ist für mich ein guter Freund und vielleicht so etwas wie eine Vaterfigur. Er ist älter als ich, er ist klug, er hat mehr Erfahrung als ich und er weiß mehr vom Leben als ich. Von ihm lerne ich. Das klingt vielleicht komisch, aber wenn ich über ihn schreibe, dann geschieht das immer mit großem Respekt vor ihm. Er steht etwas über mir sozusagen.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Gibt es Eigenschaften, die sie besonders an ihm mögen?

Håkan Nesser:
Er ist ja immer etwas knötterig und ruhig. Aber ich glaube, so wird man nach über 30 Jahren bei der Polizei. Man hat so viel Böses und so viel Negatives gesehen. Da ist es nur natürlich, dass man mehr und mehr deprimiert wird. Aber er entwickelt sich dennoch weiter. Es gibt ja im Schwedischen 10 Bücher über Van Veeteren. Im ersten ist er 55 und im letzten 65. Die Entwicklung verläuft zunächst negativ. Er wird immer schwermütiger. In Buch Nr. 7 geschieht das Schlimmste, was überhaupt passieren kann. Sein Sohn wird ermordet. Da wird alles um ihn herum schwarz, aber dann geht es auch wieder Berg auf mit ihm - Dank einer Frau natürlich!

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Im Moment ist schwedische bzw. skandinavische Kriminalliteratur in Deutschland äußerst populär. Wie erklären Sie sich den Erfolg?

  Håkan Nesser bei schwedenkrimi.de
Autorenbiografie
Autoreninterview 2004
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AUTOREN-Special


Håkan Nesser:

Ich finde das ein wenig seltsam und auch erfreulich. Aber eigentlich sollte man das die deutschen Leser fragen. Ich kann darauf nicht antworten, ich kann nur spekulieren. Viele sagen, dass es daran liegt, dass es gute und spannende Geschichten sind und es ist momentan - wenn man von der postmodernistischen Literatur absieht - die einzige realistische Literatur. Es gibt im Augenblick keine andere realistische Literatur und Kriminalliteratur ist immer realistisch. Außerdem kann sie auf existentielle Fragen eingehen und richtig gute Literatur sein. Ich stelle jedenfalls bei einem Krimi dieselben Ansprüche an mich was Gestaltung und Charaktere angeht, die ich mir auch stelle, wenn ich einen anderen Roman schreibe.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
In Ihrem neuen Krimi "Der Tote am Strand" spielt Ewa Moreno eine Hauptrolle - Im Schwedischen heißt der Roman ja auch "Ewa Morenos fall" (Ewa Morenos Fall). Warum musste Van Veeteren zurücktreten?

Håkan Nesser:
Ich sehe die zehn Van Veeteren Bücher als Gesamtheit. In den ersten fünf arbeitet Van Veeteren als Kriminalkommissar. Nach Fall Nummer fünf arbeitet er als Antiquariathändler und die anderen Polizisten erhalten mehr Platz, aber Van Veeteren wird immer wieder in die Fälle hineingezogen. Ich wollte auch über die anderen schreiben. Ich wollte vor allem zehn verschiedene Geschichten schreiben und mehr differenzieren.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Das heißt, nach zehn Büchern mit Van Veeteren ist Schluss?

Håkan Nesser:
Ja, richtig, nach zehn Büchern mit Van Veeteren ist Schluss. Ich fand, es war besser zehn gute Bücher zu schreiben, als 15 schlechte. Aber schon im März nächsten Jahres kommt ein neuer Roman von mir auf Deutsch heraus.

Literaturportal schwedenkrimi.de
Etwa die deutsche Version von "Kim Novak badade aldrig i Genesarets sjö"?!

Håkan Nesser:
Genau! Ich bin sehr gespannt, wie das Buch in Deutschland ankommen wird, denn es ist ein urschwedisches Buch. Es spielt im Schweden der 60er Jahre und im Mittelpunkt stehen zwei Jungs und ihr Erwachsenwerden.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Aber eine Leiche gibt es auch und man erfährt am Ende nicht, wer der Mörder ist!

Håkan Nesser:
Ja, das ist richtig. Dabei ist das für mich selbst gar nicht so wichtig. Ich weiß, dass sie in Schweden in der Oberstufe darüber abstimmen, wer der Mörder ist, aber für mich geht es vor allem um das Erwachsenwerden der zwei Jungs.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Ich habe gehört, das Buch wird in Schweden gerade verfilmt?

Håkan Nesser:
Ja, wir sind dabei. Ich schreibe auch am Manuskript mit, aber noch ist die Finanzierung nicht ganz geklärt. Wir wollen ihn im nächsten Sommer einspielen - den Film muss man im Sommer drehen! Aber ich werde bis 2008 darüber schweigen, wer der Mörder ist.
2008 werde ich es verraten - Zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Wissen Sie auch schon, wann es eine deutsche Übersetzung von den anderen Romanen geben wird?

Håkan Nesser:
Ich habe zwei sehr gute deutsche Übersetzerinnen, Christel Hildebrandt und Gabriele Haefs. Ich habe sie am Montag getroffen, als ich in Hamburg war und Christel erzählte, dass sie dabei ist, "Barins triangel" zu übersetzen. Vermutlich wird es 2004 erscheinen. "Kim Novak" erscheint auf jeden Fall im März 2003, das weiß ich.
Es sind ja nur noch zwei Bücher aus der Van Veeteren-Reihe übrig, also müssen sie jetzt anfangen, auch die anderen Romane zu übersetzen...

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Noch mal zurück zu Van Veeteren. Die Geschichten spielen in Maardam, einer fiktiven Stadt. Warum?

Håkan Nesser:
Die Frage wird mir natürlich oft gestellt. Ich weiß nicht so recht. Als ich anfing zu schreiben, wusste ich intuitiv, dass die Geschichten in einer fiktiven Landschaft spielen sollten. Warum ich das wußte, weiß ich nicht. Aber ein Buch ist ja eigentlich nichts anderes als ein Gespräch zwischen zwei Menschen, zwischen dem Autor und dem Leser. Wenn ich lese, schaffe ich mir meine eigenen Vorstellungen von dem, was geschieht. Bilder entstehen in meinem Kopf und auf diese Weise wirke ich an dem Roman mit. Wenn ich schreibe, dass es ein kalter und regnerischer Novemberabend in Maardam war, dann entstehen in den Köpfen der Leser Bilder. Wenn ich das selbe über Paris schreibe, dann entsteht auch ein Bild, aber dieses Bild gibt es bereits in der Realität. Ich rufe dann ein Bild hervor, dass es schon gibt. Wenn ich aber über ein fiktives Land schreibe, ist der Leser viel mehr involviert und schafft sich sein eigenes Maardam und niemand kann sagen, dass das Bild falsch sei. Man kann das mit dem Theater vergleichen. Wenn man z.B. ein klassisches griechisches Stück oder Shakespeare aufführt, hat man oft fast keine Requisiten. Nur einen schwarz und weiß stilisierten Hintergrund. Es gibt nichts außer dem Drama und den Schauspielern. Durch diesen stark stilisierten und fiktiven Hintergrund wird gleichzeitig alles deutlicher und existentieller.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Woher bekommen Sie die Ideen für Ihre Romane?

Håkan Nesser:
Darauf habe ich eine gute Antwort! Ich zitiere einen anderen schwedischen Autor und Komiker, Hans Alfredsson, dem diese Frage oft gestellt wurde und der darauf immer antwortete: "Von einer kleinen Firma aus Deutschland, aber fragen Sie mich nicht nach der Adresse!" Ernsthaft, ich weiß es nicht. Die Ideen tauchen in meinem Kopf auf, man muss sich nicht anstrengen, man muss nicht denken, das geschieht automatisch. Die Ideen kommen einfach - Von irgendwo her.


Buchtipp
Camilla Läckberg - Die Eishexe: Kriminalroman (Ein Falck-Hedström-Krimi 10)

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Haben Sie ein spezielles Ritual, wenn Sie anfangen, an einem Buch zu schreiben?

Håkan Nesser:
Nein, eigentlich nicht. Ich konnte immer ganz gut schreiben, wenn die Klasse über eine Arbeit gebeugt saß und ich vorne am Pult schreiben konnte. Außerdem schreibe ich gerne morgens. Da ist man noch klar im Kopf und schreibt besser - ich schreibe jedenfalls besser. Beim Zug fahren, wenn die Landschaft an einem vorbei fliegt, schreibe ich auch gerne. Übrigens fange ich immer an, von Hand zu schreiben. Ich finde, das ist schön, mit Stift und Block dazusitzen und zu schreiben.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Was ist das schwierigste beim Schreiben?

Håkan Nesser:
Am irritierendsten ist es, wenn man eine Geschichte im Kopf hat und weder Papier noch Stift noch ein PC in der Nähe sind, um sie aufzuschreiben. Dann wartet man immer darauf, dass man eine Gehirnblutung bekommt und poff, weg ist alles!
Jetzt, im Augenblick, schreibe ich übrigens auch. Gestern abend habe ich geschrieben. Ich konnte nicht warten, die Geschichte muss jetzt raus, sie gibt es jetzt. Wenn ich zwei Monate oder so warte, ist sie weg. Sie muss geschrieben werden, bevor alles weg ist. So ist das jedenfalls bei mir.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Gibt es spezielle Eigenschaften, die ein Autor haben sollte?

Håkan Nesser:
Es ist gut, wenn man mit der Sprache auf gutem Fuß steht. Man sollte eine gute Sprache haben und ein eigenes, persönliches Verhältnis zu ihr. Und dann braucht man noch Beharrlichkeit. Gerade junge Leute fragen mich immer wieder nach der Inspiration, aber das Schreiben ist auch ein Handwerk. Man muss es als Arbeit ansehen, denke ich. Man kann einige Bücher im "Flow" schreiben, wie es heißt, wie in einem Fluss durch, aber will man dann als Verfasser weitermachen und 'erwachsen' werden, muss man auch verstehen, dass das Schreiben eine Mischung ist zwischen Herz und Verstand. Man muss mit Blut und Hirn schreiben, um gut zu werden. Aber Sprache und Beharrlichkeit sind sicher das wichtigste.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Zum Abschluss die Frage, wie, glauben Sie, wird die Kriminalliteratur in 10 - 15 Jahren aussehen?

Håkan Nesser:
Ich glaube, was die Anzahl angeht, wird sie zurückgehen. Es werden nicht mehr so viele Bücher geschrieben werden. Aber es gibt ja viele Subgenres, die Polizeiromane z.B. oder die Whodunit?'s. Die wird es auch weiter geben, aber es wird weniger sein. Im Augenblick gibt es eine Dominanz an Polizeiromanen. Die werden vielleicht zurückgehen, aber sie werden nicht notwendigerweise durch Private-Eye-Romane ersetzt werden. Es wird eine andere Form von Kriminalromanen entstehen.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Herr Nesser, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Autorin:
Alexandra Hagenguth/
© Oktober 2002 - Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
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