|
|||||||||||||||||||
Literaturportal schwedenkrimi.de: Was war der Auslöser für Dich, den Roman „Skipið“ zu schreiben? Die erste Idee zu diesem faszinierenden Buch? Stefán Máni: Ich wollte über eine Gruppe von Männern in einem geschlossenen Raum schreiben. Die Vorstellung eines Schiffes kam mir früh in den Sinn. Andere Möglichkeiten waren, das Gefängnis, eine Ölplattform oder sogar ein Raumschiff. Das Schiff kann auch die Erde selbst und die Crew die Menschheit repräsentieren, abzüglich der Frauen, aber mit einem Satan. Literaturportal schwedenkrimi.de: Romane über Seereisen, Seestücke, sind ja in der Literatur weit verbreitet. Eines der ersten und berühmtesten ist die Odyssee. Gab es eigentlich vor Deinem Roman „Skipið“ Romane aus Island, die sich mit einer Seereise beschäftigt haben? Abgesehen vielleicht von den alten Sagen. Isländische Schriftsteller, die auf einer Insel leben, müßten ja dafür prädestiniert sein. Stefán Máni: Ich bin damit einverstanden. Für ein Isländer ist das Schiff ein Fluchtweg; eine Fahrkarte zur Freiheit. Mein Schiff, der Roman, ist vielleicht meine persönliche Fahrkarte zu irgendeiner Art von Freiheit. Literaturportal schwedenkrimi.de: Warst Du überrascht, als Dir der isländische Krimipreis „Blóðdropinn“ verliehen wurde? Ist „Skipið" wirklich ein Kriminalroman oder doch mehr eine Schauer- oder Abenteuergeschichte. Oder doch etwas ganz anderes? Stefán Máni: Ja, es war eine Überraschung. Ich schreibe keine Kriminalromane aber es gibt in meinen Geschichten oft Verbrechen und Verbrecher. Ich schreibe düstere, menschliche Horrorgeschichten, mit Spannung und Verbrechen, im Mix, so vermute ich. Literaturportal schwedenkrimi.de: Der Roman ist teilweise, so empfinde ich es, ein Fragment. Vor allem der Schluß des Buches läßt viele Fragen offen. Aber diese Technik ist nicht ungewöhnlich. Die Romantiker haben solche Romanenden bewußt gewählt. Waren die Romantiker, die auch Träume in ihren Büchern verarbeitet haben und dadurch oft rätselhafte und geheimnisvolle Romanabschlüsse geschrieben haben. Ein Vorbild für Dich?
Das kann nicht die Antwort sein, denn ich habe noch nie ein Buch von einem Romantiker gelesen! Ich liebe nun mal gerade Enden, die überhaupt keine Enden sind. Ich werde eines Tages sterben aber ich hoffe, daß mein Tod nicht das Ende von mir sein wird. Literaturportal schwedenkrimi.de: Wie gesagt, der Roman bricht unvermittelt ab. Er endet äußerst ungewöhnlich. Viele Leser hat dies verwirrt und mit vielen Fragen zurückgelassen. Kannst Du diesen Lesern helfen und etwas Licht in das Ende des Romans bringen? Stefán Máni: Ja, viele meiner Leser haben ein Problem mit diesem Ende. Ich kann nur eines sagen, ob es ihnen hilft oder nicht: Es gibt viele Enden zu dieser Geschichte, da es viele Geschichten in diesem Buch gibt. Die letzte Seite ist einfach nur eine der Enden, aber es ist eine der befremdlicheren. Ich gestehe das! Für die meisten der Personen passiert das Ende an Bord des Schiffes oder auf dem Eis. Um die letzte Seite verstehen zu können, muß der Leser die erste Seite noch einmal lesen oder die vierzehnte Frage in diesem Interview… Literaturportal schwedenkrimi.de: Ein Datum fällt auf. Der 11.09.2001 Das Buch beginnt am Vorabend dieses schicksalhaften Datums. Das Schiff „Per se" sticht an diesem Datum in See. Ich glaube nicht, daß dieses Datum von Dir zufällig gewählt worden ist. Kann man in dieser Schiffsreise als eine Allegorie auf den Zustand der Welt lesen? Dazu ein Zitat aus „Skipið“: Ein Schiff der Toren, von Toren gesteuert.
Da hast Du vollkommen recht, mein Freundchen. Nichts in meinem Buch ist zufällig, absolut nichts! Literaturportal schwedenkrimi.de: Es werden viele literarische Vergleiche gezogen. Joseph Conrad, H.P. Lovecraft, Edgar Allan Poe, Hermann Melville. Für mich erinnert der Aufbau von „Das Schiff“ stark an Poes „Arthur Gordon Pym"; der Horror der Geschichte und vor allem der Schluß an Lovecraft. Stefán Máni: Ich stimme zu, bis auf, daß ich dieses Buch von Poe nicht gelesen habe. Aber ich werde es tun. Irgendwie ist „Das Schiff“ eine Hommage an Lovecraft, Poe and Stephen King. Literaturportal schwedenkrimi.de: Beim Lesen fällt einem sehr stark der große Realismus im Buch auf. Da wird jede kleinste Einzelheit aufgeführt und beschrieben. Man denke nur an die Verpflegungsliste, die auf das Genaueste beschrieben wird. Hast Du beim Schreiben, an die Theorien von Lovecraft gedacht, der anführt, daß nur im Umfeld genauester Realitätsschilderung, die unbegreiflichen Vorfälle und Umstände glaubhaft wirken können? Stefán Máni: Ich kann dazu nur dies sagen: das Leben ist eine große Maschine, bestehend aus Millionen kleinster Teile. Wenn der Leser diese kleinen Teile kennt, glaubt er an das Leben, welches ich entworfen habe. Literaturportal schwedenkrimi.de: Zur Recherche bist Du auch auf einem Frachter mitgefahren. Wohin ging die Reise und wie lange warst Du unterwegs? Stefán Máni: Ich fuhr im Herbst 2005 um Island herum, in schwerem Wetter und beißendem Frost. Eine großartige Reise, die die Geschichte und die Charaktere beeinflußt hat. Literaturportal schwedenkrimi.de: Die Rücksprünge in der Zeit und das Erzählen eines bereits erzählten Vorgangs durch eine andere Person ist ein anderes Charakteristikum des Romans. Man kann leicht den Überblick verlieren. Wie kamst Du auf diese Erzähltechnik und warum hast Du diese Technik ausgewählt? Stefán Máni: Diese Methode baut Tempo und Spannung auf. Es ist hart für den Autor und möglicherweise auch für den Leser aber es dient der Geschichte und deshalb ist sie zweckdienlich. Literaturportal schwedenkrimi.de: Jón Karl ist ein zwiespältiger Charakter. Er eignet sich nicht als Held. Eher ist er ein Anti-Held. Man kann sich nicht mit ihm identifizieren. Keiner Deiner Personen ist eine positive Figur. Wieso hast Du die Personen in „Skipið" so entworfen? Kann man sagen, daß „Skipið“ eine Untersuchung in die Natur des Bösen im Menschen ist? Stefán Máni: Jón Karl ist vielleicht halb Mensch und halb Bestie. Er ist mehr eine Naturgewalt als eine Person. Eine böse Macht, gewiß J. Ich liebe einfach böse Menschen – zumindest liebe ich es, über sie zu schreiben! Literaturportal schwedenkrimi.de: Man geht wohl recht in der Annahme, daß Deine Lieblingsband „The Doors" sind. Sie liefern ja den Soundtrack zu dem Buch. Ist es eher die Musik oder Jim Morrison und seine Liedtexte? Stefán Máni: Beides. Ja, ich bin ein „Doors“-Fan, In diesem Fall denke ich sind die Lyriks interessanter. Ich habe Morrisons Grab besucht und alles! Literaturportal schwedenkrimi.de: Die Band hat ihren Namen ja aus einer Gedichtzeile von William Blake: „When the doors of perception are cleansed, man will see things as they truly are, infinite". Aldous Huxley nimmt diese Zeile für den Titel eines Buches: „The Doors of Perception"(Per se?!) Hier schildert er seine Erfahrungen mit Drogen. Spielt dies alles eine Rolle in Deinem Buch? Zum Beispiel die Morphiumträume in Deinem Buch oder die Trips des Heizers und Jón Karls? Stefán Máni: Es scheint, Du weißt alles! Wer bist Du wirklich? Literaturportal schwedenkrimi.de: Ein Satz, der sich ständig wiederholt, lautet, in der deutschen Übersetzung: Was ewig schläft, ist nicht tot. Ich denke, das ist die Übersetzung von „That is not dead which can eternal lie". Der Satz ist aus H.P.Lovecrafts „Necronomicon". Ist es das Leitmotiv Deines Buches? Stefán Máni: Ja, das kannst Du so sagen. Literaturportal schwedenkrimi.de: 1996 wurde Dein erstes Buch veröffentlicht: „Dyrnar á Svörtufjöllum" (Die Tür in den schwarzen Bergen). Der Titel erinnert ein wenig an H.P. Lovecrafts „At the Mountains of Madness“). Ist Dein erstes Buch ebenfalls eine Horrorgeschichte? Stefán Máni: Ja. Eine Gruppe Wissenschaftler versteckt sich in einem Berg nach dem Weltuntergang. Seltsam genug? Literaturportal schwedenkrimi.de: Kannst Du verraten wer „Godfather" S.K. ist? Stefán Máni: Habe ich bereits… Literaturportal schwedenkrimi.de: Du warst schon einmal für den nordischen Krimipreis „Glasnyckel“ nominiert. Im Jahr 2005 war es das Buch „Svaetur á leik". Ein Buch im Geiste Tarantinos, wie die Kritik schrieb. In dem Buch geht es, glaube ich, um Rauschgiftschmuggel - Rauschgift in Reykjavik. Stefán Máni: Ja, und ein Kapitel spielt in Hamburg. Ich hoffe, es wird ins Deutsche übersetzt werden. Der Film wird in diesem Herbst gedreht. Es ist eine Hölle von Buch, so viel kann ich bedenkenlos versprechen! Literaturportal schwedenkrimi.de: Inzwischen hast Du acht Bücher veröffentlicht. Waren darunter noch mehr Kriminalromane oder in welche Genre würdest Du sie einordnen? Stefán Máni: Sie sind sich alle sehr ähnlich: Horror von der dunklen Seite des Mondes J. Auf einer mehr ernsthafteren Ebene: Meine ersten vier Bücher waren psychologisch, die zweiten vier waren obendrein spannende Thriller. Literaturportal schwedenkrimi.de: Ein Kritiker schrieb über Lovecraft, daß er raffiniert Rationalität und Schrecken mischt. Man könnte meinen, dieser hätte dies auch über Dein Buch „Skipið“ schreiben können? Stefán Máni: Das klingt gut! Literaturportal schwedenkrimi.de: Im letzten Jahr hast Du auch einen Roman veröffentlicht. In diesem Roman spielt eine Nebenfigur aus „Skipið" die Hauptrolle. Óðinn R. Elsuson, der König der Unterwelt von Reykjavik. Ist Dir schon beim Schreiben von „Skipið“ die Idee gekommen, diese Figur zur Hauptperson Deines neuen Romans zu machen? Stefán Máni: Óðinn kam in meinem Kopf zum Leben und verlangte seine eigene Geschichte. Du kannst nicht so einfach nein zu Óðinn (Wotan) sagen! Literaturportal schwedenkrimi.de: Ódáðahraun, so heißt Dein neues Buch, ist, so glaube ich, wirklich ein Kriminalroman. Vordergründig. So viel ich weiß, spielt in diesem Buch auch die Finanz- und Wirtschaftskrise in Island eine Rolle. Kannst Du dem deutschen Leser, der hoffentlich auch dieses Buch in Deutschland kaufen kann, etwas mehr über dieses Buch verraten? Stefán Máni: Es ist ein harter Kriminalroman mit einer harten Klinge und kaltblütiger Gewalt. Und meine Leser lieben es! Ich denke, Óðinn ist bisher einer meiner stärksten Charaktere. Stelle Dir Shrek in einem Anzug vor, der Geschäftemacher in den Arsch tritt! Literaturportal schwedenkrimi.de: Ódáðahraun, eine große Wüste im Osten von Island. Eine Wüste aus Lava, Sand und Steinen. Der isländische Name bedeutet „Missetäterwüste“. Welche Rolle spielt diese Wüste in Deinem neuen Buch. Ist Oðinn ein moderner Eyvindur? Stefán Máni: Nein. Diese Wüste im Buch, ist ein geheimer Treffpunkt für einen bedeutenden Drogenhandel. Und ein guter Platz, um einen Körper zu verstecken, wenn Dinge beginnen falsch zu laufen… Literaturportal schwedenkrimi.de: Wie haben Deine Familie und Du den Zusammenbruch der Banken in Island und die Schieflage der Wirtschaft erlebt? Hatte sie Auswirkungen auf Dein Leben? Stefán Máni: Sicher hat es, aber nicht zu schwerwiegend. Geld und Wirtschaft können mich nicht unterkriegen. Literaturportal schwedenkrimi.de: Bevor Dein erstes Buch veröffentlicht wurde, hast Du Deinen Job in einer Fischfabrik gekündigt und bist mit dem fertigen Manuskript nach Reykjavik gefahren. War es ein schwerer Entschluß, die Arbeit aufzugeben und eine unsichere Existenz als Schriftsteller zu suchen? Stefán Máni: Ja. Und die Jahre die folgten, waren lang und hart. Jedoch heute ist der Ertrag süß! Literaturportal schwedenkrimi.de: Kannst Du von dem Verdienst als Schriftsteller leben oder machst Du nebenbei noch andere Dinge? Der isländische Buchmarkt ist nicht so groß, wie zum Beispiel der deutsche. Stefán Máni: Ich lebe vom Schreiben, aber ich lebe ein sehr bescheidenes Leben. Zeit und Frieden ist alles was ich benötige und manchmal habe ich beides. Literaturportal schwedenkrimi.de: Kann man Dich in diesem Jahr auf einer Leserreise in Deutschland erleben? Stefán Máni: Ich würde es lieben zu kommen! Alles was ich brauche ist eine Einladung :-) Autor: Jürgen Ruckh/ Esslingen © März 2009 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
|||||||||||||||||||
©
2001 - 2016 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien Ein Portal der n:da - nordpower design agentur |
|||||||||||||||||||
[ Start ] | [ Autoren A-Z ] | [ Kontakt ] | [ Forum ] | [ Impressum ] | [ Sitemap ] | [ Datenschutz ] |