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LeseprobeSie ließ den Passagier vor dem Rundfunkstudio am
Karlaplan aussteigen. Er hatte ihr erzählt, daß er Holmfrid
heiße und Namenstag habe, und er hatte ihr versichert, daß
sie große Chancen habe, beim Theater Karriere zu machen, wenn
sie nur ihr Schicksal in seine Hände legen wolle. Ein Souper würde
für den Anfang genügen.
Danke an den Goldmann Verlag für die Veröffentlichungserlaubnis.Das war auf ihrer Nachmittagstour die dritte Einladung, und dies nun die letzte Nachmittagstour. Leider hatte diese mit einer kleinen Karambolage begonnen. Bald darauf hatten sich kalte Regenschauer
auf dem Wagendach zu einem anhaltenden Geprassel verdichtet. Bereits um die Mittagszeit hatte sie einen Betrunkenen auf das Polizeirevier Maria bringen müssen, um ihn loszuwerden. Einige Minuten später hatte sie ein kurzsichtigen Fußgänger auf der Hornsgata zu einem Ausweichmanöver gezwungen, das sie den Lack auf dem einem Kotflügel gekostet hatte, und ihren Onkel, den Besitzer des Taxis, wahrscheinlich den ganzen Tagesverdienst. Nein, für heute wollte sie Schluß machen; sie wollte überhaupt nicht Taxi fahren, der Nörgelei ihres Onkels zum Trotz. Sie war Postbeamtin und keine Droschkendonna, und sie hatte auch nicht die Absicht, je eine zu werden. Im übrigen hieß sie Ulla Carolina Simander, war 25 Jahre alt und im Stockholmer Stadtteil Söder geboren. Unten an der Storgata zwang sie ein Fernlaster, der hier absolut fehl am Platz war, zum Östermalmstorg abzubiegen. Die Uhr auf dem Kirchturm der frommen Hedvig Eleonora zeigte auf zwanzig Minuten vor drei. Ulla unterdrückte ein Gähnen und spielte mit dem Gedanken, sich eine Schallplatte zum Einschlafen patentieren zu lassen, auf der das quietschende Klopfen des Scheibenwischers und die Stimme des Taxifunks und das Regengeplätscher die Geräuschkulisse abgeben sollten. In der Sibyllegeta hatte die Straßenbahn eine Verkehrsstauung verursacht. Während Ulla wartete, blinzelte ihr ein Mann so aufdringlich zu, daß sie, um unbeteiligt auszusehen, alle Gesichtsmuskeln spannte. Dies verlieh ihrem Gesicht eine noch größere Ähnlichkeit mit einer gezähmten Wildkatze. Dieses Mienenspiel war ihr in den beiden Jahren der Aushilfe im Taxidienst zur Gewohnheit geworden. Vereinzelt wippten Regenschirme an den tropfenden Planen der Marktstände vorüber. Die Sträuße aus Iris, Narzissen und Rivieranelken waren so überwältigend, daß Veilchen und Maiglöckchen kaum auffielen. Radieschen und Rhabarber konnten sich gegen die Farbenkraft nur schwer behaupten. Rhabarber! Sie bremste, froh darüber, daß es ihr rechtzeitig eingefallen war. Über Pfützen sprang sie zum nächstgelegenen Marktstand und kehrte mit einem Paket Rhabarberstengel zurück, das sie wie ein Wickelkind im Arm trug. Das feuchte Packpapier zerriß, als sie wieder ins Auto stieg. |
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Leseprobe 2Kerstin stellte flink den Stapel abgetrockneter Teller
in den Küchenschrank, nahm das Geschirrtuch und wischte den Spültisch
ab. Grade als sie fertig war, hörte sie tapsende Schritte. Auf
der Schwelle erschien Marie-Loise in Hausschuhen und Morgenrock.
Danke an den Goldmann Verlag für die Veröffentlichungserlaubnis."Du hast mir doch versprochen, das Geschirr stehenzulassen." "Und du hast mir versprochen, im Bett zu bleiben. Übrigens machst du deinem armen Papa genug zu schaffen, da soll es ihm erspart bleiben, das Geschirr zu spülen." Marie-Luise unterdrückte ein Gähnen. "Seinen Bären macht er viel mehr zu schaffen, das darfst du mir glauben.Hier hast du eine Billettmarke für die Fähre. Weißt du,daß es schon dreiundzwanzig Minuten vor zehn ist? Du mußt dich beeilen, wenn du erst noch kontrollieren willst, ob ich das Rezept richtig abgeschrieben habe." Kerstin hängte die Schürze an einen Nagel und sah sich das Gekritzel ihrer Freundin an 'Hecht Beaulieu...' "Du hast 50 Gramm feingehackte Schalottenzwiebel geschieben. Es soll 10 Gramm heißen. Alles andere stimmt. Und jetzt marsch ins Bett, verstanden! Mit einer Aprilgrippe ist nicht zu spaßen. Habe ich dir erzählt, daß Kalle Lök. der am Samstag Tulpen verkauft, du weißt, Lungenentzündung hat?" Marie-Luise trottete verdrossen in ihr Zimmer zurück, wo rund ums Deckenfries die Gibsschwäne aus der Jahrhundertwende ihren Reigen tanzten. "Mir geht es großartig", brummte sie. "Glaubst du, man kann ein halbes Kilo 'Hecht Beaulieu' konsumieren, wenn man am Rande des Grabes steht, ja?"
"Und deine 'Crêpes Suzettes', wenn ich bitten darf? Weißt du übrigens, was Monsier Julien gesagt hat? Das nächste Mal ist eine provenzalische Fischsuppe an der Reihe." "Himmlisch." Marie-Louises Augen funkelten. "Papas Lieblingsgericht. Ich muss bis Dienstag wieder auf den Beinen sein. Wenn du dann krank im Bett liegst", fügte sie hoffnungsvoll hinzu, "komme ich zu dir und koche eine französische Fischsuppe." Sie drückte ihr die Hand. "Hörst du, wie es draußen bläst? Willst du nicht einen Pullover leihen? Auf der Fähre zieht es erbärmlich. Nimm den lila Pullover, der im Vorzimmer hängt. Und jetzt mußt du laufen - es ist dreizehn vor zehn. Kerstin schlüpfte in den Pullover. Ehrlich gestanden hatte sie vorhin am warmen Herd ein wenig gefröstelt, als sie den Ostwind durchs Ahornlaub hörte. |
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