Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
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Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
 
Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde

Interview mit der Autorin Anna Jansson

Die Autorin Anna Jansson
Anna Jansson - Fotograf Börje Gustavsson

„Ich hoffe, dass ich den Mut dazu hätte, aber ich kann es nicht versprechen.“

Anna Jansson spricht im Interview mit schwedenkrimi.de über ihr neues Buch „Das Geheimnis der toten Vögel“ sowie über die ethischen und moralischen Anforderungen im Falle einer Pandemie wie die Vogelgrippe.


Literaturportal schwedenkrimi.de:
Dein neues Buch „Das Geheimnis der toten Vögel“ handelt von der Vogelgrippe. Wie kamst du auf die Idee zu diesem Buch und was hat dich motiviert, gerade zu diesem Thema einen Krimi zu schreiben?

Anna Jansson:
Nahezu meine gesamte Verwandtschaft väterlicherseits starb in den 30er-Jahren an Tuberkulose. Mein Vater verlor seine Eltern und drei seiner Geschwister und steckte sich selbst an. Er kam in ein Sanatorium, wo er meiner Mutter begegnete. Sie hatte sich ebenfalls bei ihrer Arbeit angesteckt und war in Lebensgefahr. Die ersten vier Monate meines Lebens verbrachte ich in einem Heim, weil sie krank war. Als ich vier Jahre alt war, wurde ich noch einmal weggegeben. Ich dachte darüber nach, wie wir heute mit einer Pandemie umgehen würden – besser oder schlechter?

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Einige der Krankenhausangestellten in dem Buch weigern sich, zur Arbeit zu gehen, als sich immer mehr mit der Vogelgrippe anstecken. Würdest du selbst als Krankenschwester zur Arbeit gehen, wenn die Vogelgrippe oder eine andere tödliche Krankheit grassierte?


Buchtipp
Camilla Läckberg - Die Eishexe: Kriminalroman (Ein Falck-Hedström-Krimi 10)
Anna Jansson:
Ich hoffe, dass ich den Mut dazu hätte – derjenige, der krank im Bett liegt, könnte mein Mann oder mein Vater oder meine Schwester sein … - aber ich kann es nicht versprechen.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Menschlich kann man sie verstehen. Auf der anderen Seite haben sie einen Beruf gewählt, der hohe moralische Ansprüche stellt. Wie sollten denn die Behörden deiner Meinung nach vorgehen, wenn das Krankenhauspersonal sich weigerte, zur Arbeit zu gehen?

Anna Jansson:
Man könnte dem Personal an den Tagen, an denen es zur Arbeit gehen muss, Tamiflu geben – eine Tablette pro Tag ;-) Aber vor allem finde ich, dass man ständig über die ethischen Aspekte diskutieren sollte. Ethischen Dilemmata kann man nicht entkommen und da kann man genauso gut vorher im Team darüber diskutiert haben, wie man die am häufigsten auftretenden Probleme löst. Ich habe zwei Bücher über die Ethik in der Pflege geschrieben und halte rund 80 Vorlesungen dazu pro Jahr, was unerhört interessant und stimulierend ist – ich würde das auch gratis machen, aber das verrate ich meinen Auftraggebern nicht.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Eine andere moralische Frage, die du in deinem Buch aufgreifst, ist die, wer denn zuerst medizinische Hilfe erhalten sollte – Menschen, die auf verantwortungsvollen Posten sitzen oder die bereits Erkrankten, Junge oder Alte? Müssen Eltern außerdem akzeptieren, dass ihre Kinder in Quarantäne kommen, um anderer Leben zu retten?

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Anna Jansson:
Ich denke ja, wenn es keine anderen Mittel gibt. Wenn sie nach Hause kommen, können sie ihre Geschwister anstecken. Wie fühlt es sich an, mit diesem Wissen zu leben?

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Du konfrontierst auch Maria Wern damit, dass eines ihrer Kinder an der Vogelgrippe erkrankt. Warum das? Warum ist es wichtig, dass auch Maria auf einer persönlichen Ebene berührt wird?

Anna Jansson:
Das Wichtigste beim Schreiben von Kriminalromanen ist, dass die Personen so lebendig erscheinen, dass sie dir so nahe kommen, dass es dir wirklich etwas ausmacht, was mit ihnen geschieht. Wenn Maria etwas passiert, geht es dir als Leser näher, als wenn es einer neuen Figur, die gerade auftaucht, passiert – weil du Maria im Gegensatz zu der anderen Figur vielleicht schon kennst.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Das Ende des Buches ist offen – und ziemlich beunruhigend. Warum hast du dich für diese Art Ende entschieden? Wird es niemals wieder gut?

Anna Jansson:
Das wissen wir ja nicht – nicht einmal in der Wirklichkeit wissen wir, wie es enden wird. Das, was wir machen können, ist, uns so gut wie möglich darauf vorzubereiten. Ich wurde in den Schwedischen Reichstag berufen, um dort darüber eine Vorlesung zu halten. Das Wichtigste ist, auf alle Katastrophen mit dem Grundlegendsten vorbereitet zu sein – denn unsere grundlegenden Bedürfnisse, Wasser und Essen zu haben sowie ein Dach über dem Kopf, Transportmöglichkeiten und medizinische Versorgung sind immer dieselben. Ich will, dass „Überleben“ zum Schulfach wird. Es gibt Erwachsene, die niemals ein Feuer selbst gemacht haben, die niemals einen Fisch ausgenommen und niemals ein Huhn gerupft haben.



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Literaturportal schwedenkrimi.de:
Wie nahe kommst du der Wirklichkeit in deinem Buch? Du schreibst zum Beispiel, dass es nicht genügend Medizin für alle gibt. Wie sieht das in der Realität aus?

Anna Jansson:
Als ich an dem Buch schrieb, gab es kaum Medizin für 10 Prozent der Bevölkerung und ein großer Teil eines antiviralen Mittels, das man eingekauft hatte, war unwirksam gegen H5N1. Ich habe das Buch in enger Zusammenarbeit mit einem Oberarzt einer Infektionsklinik geschrieben und mich auch mit mehreren Seuchenschutzärzten abgestimmt, die im Falle einer Pandemie die höchste Beschlussfunktion inne haben, und keiner von ihnen hat in dem Buch sachliche Fehler entdecken können.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
In Deutschland kennt man dich vor allem als Autorin. Aber – du hast es schon selbst erwähnt – du arbeitest auch als Nachtschwester in einer Lungenklinik am Universitätskrankenhaus in Örebro und bist in Schweden eine bekannte und geschätzte Ethik-Referentin. In wiefern beeinflusst deine Arbeit als Krankenschwester dein Schreiben und worum geht es bei den Ethik-Vorlesungen?

Anna Jansson:
In der Abteilung, in der ich arbeite, sterben im Durchschnitt zwei Patienten pro Woche. Viele haben den Wunsch, von ihrem Leben zu erzählen, bevor sie sterben und während der Nacht hat man die Möglichkeit, zuzuhören. All diese Lebensgeschichten geben mir Impulse für mein Schreiben. Meine Ethik-Vorlesungen bauen auf 23 verschiedenen dramatischen Novellen auf, die ich selbst geschrieben habe. Dann habe ich geschaut, welche ethischen Prinzipien anwendbar sind. Ich halte die Vorlesungen zusammen mit einem Staatswissenschaftler, der erklärt, was das Gesetz dazu sagt. Wenn das Herz etwas anderes als das Gesetz sagt, führen wir ein Drama dazu auf.

Literaturportal schwedenkrimi.de:
Vielen Dank für das offene und sehr persönliche Interview!

Autorin:
Alexandra Hagenguth/
© August 2007 - Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien
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