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Der
Autor Arne Dahl, hier mit der Übersetzerin Vera Johanterwage
Foto: Alexandra Hagenguth/schwedenkrimi.de |
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Blutrote Crime Night mit Arne Dahl, Gisbert Haefs und Nino Filastò
Lünen, 29. Oktober 2004 Crime
Night in der Musikschule Lünen: Vier Gentleman bitten beim "Mord
am Hellweg" literarisch zur Kasse. Nino Filastò, Florentiner
(auch Mafia-)Rechtsanwalt und Kriminalschriftsteller, der Bonner Autor
und Übersetzer Gisbert Haefs, Moderator und Autor Jürgen Alberts
sowie Arne Dahl, Stockholmer Literaturwissenschaftler und Krimiautor.
Der intellektuelle Literat aus Stockholm hat es nicht leicht, als er
als letzter gegen halb zehn die in blutrotes Licht getauchte Bühne
betritt. Schüchtern wirkt er, und fast ein bisschen ängstlich
stellt er sich den Fragen von Jürgen Alberts: "Zum Schreiben
ziehe ich mich ganz von der Welt zurück und kapsele mich völlig
ab. Danach fällt es mir schwer, wieder in die Öffentlichkeit
zurückzukehren und zu antworten, wenn mir ein Mikro vor die Nase
gehalten wird."
Zuvor hatte Gisbert Haefs mit rheinischem Humor ein sprachliches "Feuerwerk
für Matzbach" entzündet, das auch die rund 60 Westfalen
in der an eine Jazz-Kneipe erinnernde Aula der Musikschule Lünen
sichtlich amüsierte. Nie war das Klischee vom "kühlen
Skandinavier" scheinbar so treffend wie an diesem Abend.
Doch nach der Pflicht kommt die Kür, und als sich Arne Dahl schließlich
setzen darf, um aus seinem zuletzt auf Deutsch erschienenem Roman "Falsche
Opfer" vorzulesen, scheint er sich sichtlich wohler in seiner Haut
zu fühlen. Der Kontrast zu seinen beiden Autorenkollegen könnte
auch hier kaum größer sein. Nino Filastò, mondän
in Anzug und Seidenschal gekleidet, servierte Köstliches aus der
italienischen Krimi-Küche mit "Pfeffer für Brunelleschi",
Gisbert Haefs überzeugte mit Humor, Natürlichkeit und Sprachwitz,
doch erst bei Arne Dahl erhält die schummrige Beleuchtung und kühle
Jazz-Atmosphäre endlich ihre Berechtigung.
Wir treffen zunächst auf Sara Svenhagen, die
dabei ist, einen Pädophilen-Ring im Internet hochgehen zu lassen.
Wir beobachten sie in den letzten, spannenden Sekunden, bevor sich die
Site für wenige Sekunden zeigt, um einen Link zum Herunterladen
einer Pädophilen-Adressliste anzuzeigen. Wir lauschen gebannt und
mit Grauem ihrem Traum, in dem sie, während sie gebiert, vergewaltigt
wird. Wir hören von den seelischen Schäden, die die Arbeit
in der Pädophilenabteilung der Polizei im Leben einer kaum 30jährigen
jungen Frau anrichtet und sind fasziniert von der intensiven Atmosphäre,
die Arne Dahl schafft zu skizzieren. Uns stockt der Atem und wir lauschen
gebannt den starken Bildern Arne Dahls. Man könnte eine Stecknadel
fallen hören, so leise ist es jetzt.
Dann begegnen wir der Liebe, Eurydike und Orpheus. Wir erleben sie in
wortloser Zärtlichkeit ebenso wie in größter Euphorie
ob eines gelungenen Coups, der die beiden im Folgenden auseinander reißen
wird.
Und wir begegnen Blicken, die schon alles gesehen haben und mehr als
ein Menschenleben ertragen kann. Auf eine Leiche mehr oder weniger kommt
es nicht an. Was zählt schon ein Menschenleben? Arne Dahl wirft
uns hier kalt, direkt und unbarmherzig in ein grausames Massaker.
Laut gelesen entfalten die ausgewählten Passagen erst ihre ganze
Kraft, unterstützt von der minimalistischen Bühnenausstattung
und adäquat inszeniert durch sparsam eingesetztes Licht. Die drei,
inhaltlich wie sprachlich äußerst unterschiedlichen, Textsequenzen
zeigen zudem die enorme Variationsfähigkeit und sprachliche Stärke
Arne Dahls.
Umso bedauerlicher ist es, dass das Format der Lesung weder Arne Dahl
noch den anderen zwei Autoren vollständig gerecht wird. Zu kurz
waren die jeweiligen Auftritte, als dass sich ein Verhältnis und
Dialog mit dem Publikum hätte aufbauen können. Kaum eingetaucht
in die eine literarische Welt, werden die Zuschauer schon wieder aus
ihr herausgerissen und nach einer kurzen, wenngleich kurzweiligen und
stimmigen, musikalischen Unterbrechung, in die nächste geworfen,
notdürftig zusammengehalten durch die Moderation Jürgen Alberts',
der seine Sache zwar professionell und sympathisch machte. Doch fehlte
der gemeinsame, der rote Faden. Hier wurden - leider - nur sehr gute
Krimiautoren aneinandergereiht, jedoch ohne - persönliche wie thematische
- Berührungspunkte zueinander.
Buchtipp |
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Auch wenn den Veranstaltern des "Mord am Hellweg" höchstes
Lob gebührt für eine anspruchsvolle, auch musikalisch immer
stimmige, Krimiveranstaltung, die die Spitzenautoren der internationalen
Krimiszene ins Westfälische holt und Lesungen an spannenden, interessanten
Orten der Region präsentiert: Wie viel spannender wäre es
gewesen, diese drei äußerst unterschiedlichen Temperamente
und Autoren gemeinsam auf der Bühne zu einem Motto zu hören?
Autorin:
Alexandra Hagenguth/
© November 2004 - Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur
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