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"Opferzahl" von Arne DahlWo bleibt die Moral?Arne Dahl führt uns an unsere Grenzen
Ein Knopfdruck und das Leben deiner kleinen Tochter ist ausgelöscht. Doch du hast die Chance, dies zu verhindern. Wenn du alle Skrupel über Bord wirfst und die moralische Grenze, ganz im Sinne von „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, überschreitest. Wie weit gehst du?
Vielen Dank an Alexandra HagenguthMadrid 2004, London 2005, Stockholm 2005. Stockholm 2005? Als Arne Dahls „Opferzahl“ erstmals 2006 in Schweden erschien, lagen die durch Islamisten ausgelösten Terroranschläge von Madrid und London gerade zwei beziehungsweise ein Jahr zurück; Stockholm dagegen stand sein erster realer Terroranschlag am Sonnabend des dritten Adventswochenendes 2010 noch bevor, doch schon kurz nach den Terrorattentaten von London 2005 begann Arne Dahl mit seinem neunten Roman über die A-Gruppe, mit einem der Realität vorweggenommenen Terrorattentat in der Stockholmer U-Bahn. Das ruft natürlich nicht nur die A-Gruppe auf den Plan, sondern die Reichskriminalpolizei ebenso wie die Säpo, die schwedische Sicherheitspolizei. Und das sind nicht die einzigen Verwicklungen, es ist schließlich ein Dahl! Und ein Dahl bleibt sich treu. Das fängt damit an, dass der regelmäßige Dahl-Leser schon bei der Zusammenfassung der abgeschlossenen Fälle der einzelnen Mitglieder der A-Gruppe ahnt, dass diese später noch eine Rolle spielen werden und hört noch lange nicht damit auf, dass man erfährt, dass mindestens ein Polizist eine zwielichtige Rolle in diesen umfangreichen Ermittlungen spielt. Doch bei allen losen Fäden, die Arne Dahl gewohnt routiniert zusammenbringt, geht es im Kern doch um die Frage, „(w)ie wir dem Bösen begegnen.“ (Arne Dahl, Opferzahl, Piper 2011, S. 401) Wie gehen wir mit dem Bösen um, wenn wir ihm begegnen? In der Regel tun wir dies, indem wir moralische Maßstäbe anlegen. So agieren auch die Mitglieder der A-Gruppe. Doch jenseits davon gibt es eine Berufsgruppe, die – so die Antwort, die Dahl einem „sogenannten internationalen Experten“ des schwedischen Geheimdienstes in den Mund legt – nicht mit moralischen Bewertungen arbeitet: die Geheimdienste. Sie ignorieren die religiösen, moralischen und metaphysischen Aspekte des „Bösen“, orientieren sich stattdessen an der „praktischen Realität“ (vgl. S.402 und 404) und gehen „sehr technisch“ vor (S.401). Denn „(f)ür die, mit denen wir es zu tun haben, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man sich an einem Kind vergreift.“ (S.402) Die, gegen die „die sogenannten Guten“ (S.402) kämpfen, haben keine Skrupel, keine moralischen Bedenken: „Auge um Auge geht nicht bei dieser Art von Menschen.“ (S.402) So scheint es folgerichtig, moralische Bewertungen außen vor zu lassen. Dennoch sind die Guten immer im Hintertreffen, denn sie „schleppen eben noch etwas Großes mit (sich) herum. Das, was man Leben nennt.“ (S.402) Deshalb sind auch Kerstin Holm und ihre Mannen schlussendlich im Nachteil bei den Ermittlungen. Zwar beherrschen auch sie die technische Seite ihres Jobs, ermitteln in Zweierteams in alle Richtungen, tragen wichtige Informationen zusammen, doch fehlt ihnen das letzte Puzzleteil, um ein Gesamtbild zu bekommen, da zwei Mitglieder der A-Gruppe aus persönlichen, privaten Gründen wichtige Informationen – lange – zurückhalten. Wie also bleibt man ein moralischer, anständiger Mensch, wenn man tagein, tagaus mit „dem Bösen“ konfrontiert wird? Mit Personengruppen, die nicht dieselben moralischen Bewertungen zugrunde legen, wie wir selbst? Die überhaupt keine moralischen Bedenken und Skrupel kennen? Wie lange kann man dabei selbst rechtschaffen und ein achtbarer Mensch bleiben, ohne korrumpierbar zu werden? Die Grenze ist fließend, und während man die Skrupellosigkeit des Verbrechers verdammt, kommt man nicht umhin, Verständnis und Zustimmung für denjenigen aufzubringen, der versucht, das Recht in die eigene Hand und „Auge um Auge“ Rache an demjenigen zu nehmen, der droht, ihm das Liebste im Leben ohne mit der Wimper zu zucken zu nehmen. Leben gegen Leben: Arne Dahl stellt uns in „Opferzahl“ auf eine harte Probe, Theorie gegen Praxis. Wie würden Sie entscheiden? © März 2011 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Totenmesse" von Arne DahlEin Dahl ist ein Dahl ist ein Dahl
In „Dunkelziffer“ bleibt Arne Dahl hinter seinen Möglichkeiten, aber auch eine Klasse für sich
Vielen Dank an Alexandra HagenguthEin Pädophilennetzwerk und ein Geheimorden - das gab es bei Arne Dahl bereits in „Falsche Opfer“ und „Misterioso“. In „Dunkelziffer“, dem achten Band um die Stockholmer A-Gruppe, vermag Dahl diesen Themen nichts Neues hinzuzufügen, enttäuscht in der Schilderung der Motive und Motivation der Handelnden, in der Zusammenführung aller losen Fäden, in der Konstruktion der Geschichte und berührt insbesondere in seiner Schilderung der Pädophilenthematik bei weitem nicht so stark wie in „Falsche Opfer“. Zwar ist ein Dahl ein Dahl ist ein Dahl und damit gemeinhin besser als der Durchschnitt, doch „Adel“ verpflichtet auch, und dieses Mal wird der Autor den hohen Ansprüchen seiner Leser leider nicht vollständig gerecht. Keine Frage: Arne Dahl hat sich mit seinen Kriminalromanen um die Stockholmer A-Gruppe in den gesamteuropäischen Krimiolymp geschrieben. Auch der achte Band, „Dunkelziffer“, bleibt über weite Strecken über dem Durchschnittsniveau, doch in der diesmaligen Zusammenführung aller Zufälle und Handlungsfäden will sich der gewohnte „Wow“-Effekt nicht einstellen. Stattdessen bleibt der Eindruck eines wie stets engagierten, aber überkonstruierten Krimis. Das Verschwinden einer 14-Jährigen führt von den Wäldern des nordschwedischen Ångermanlands ins Internet Komplex, vielschichtig, weitläufig, gesellschaftlich und politisch waren bis dato alle Dahl-Krimis, doch nie hatte man das Gefühl, der Handlungsbogen wird überspannt. Anders bei „Dunkelziffer“, wo in einem blutigen und bombastischen Finale alle Fäden zwar wie gewohnt zusammengeführt werden, aber sich dieses Mal nicht das Gefühl einstellen will, Zeuge grandioser und innovativer Krimischriftstellerkunst geworden zu sein, sondern nur der Eindruck, dass der Autor dieses Mal von allem ein bisschen zu viel gewollt hat, sodass man ihm das Konstruierte an seinem Fall fast nicht mehr verzeihen mag. Zunächst verschwindet in den Wäldern des nordschwedischen Ångermanlands die 14-jährige Emily. Einzige Hinweise - und Begründung, den Fall der A-Gruppe zu übergeben - sind für Kerstin Holm Fahrzeuge mit baltischen Kennzeichen. Schon das ist für Dahls Format enttäuschend schwach motiviert. Hinzu kommt etwas später die Information, dass drei verurteilte Pädophile ganz in der Nähe des Tatorts leben. Der Fall gewinnt an Brisanz, als ein Mann mit durchtrennter Kehle aufgefunden wird. Das Mordinstrument: eine Klaviersaite. Bald gibt es in Stockholm eine zweite Leiche mit ähnlichen Schnittwunden. Die Spuren führen ins Internet, in dem die junge Emily ihre ganz eigene Rolle spielt. Überkonstruiert So verbindet Dahl schon zum zweiten Mal nach „Falsche Opfer“ das Thema Pädophilie mit Sexualität - von seiner lebensverneinenden, pervertierten, zerstörenden Seite her - und der Thematik des Geheimorden, das er bereits in seinem Debütroman um die A-Gruppe, „Misterioso“, behandelt hatte. Natürlich werden auch in „Dunkelziffer“ wieder die Mitglieder der A-Gruppe mit diesen Motiven konfrontiert, spiegelt sich die Geschichte des Kriminalfalls in den persönlichen Geschichten der Kommissare. Doch was in „Misterioso“ als groß angelegtes strategisches Szenario zu überzeugen wusste, was in „Falsche Opfer“ zutiefst zu berühren, beeindrucken und fesseln vermochte, fehlt in all seiner Konstruiertheit „Dunkelziffer“. Die Virtuosität, mit der Dahl sonst alle Fäden, so lose und abwegig sie auch sein mögen, zusammenführt, der große, überraschende, anspruchsvolle und ansprechende Coup, der einen ehrfürchtig Staunen lässt, ist in diesem achten Band um die Stockholmer A-Gruppe leider in der thematischen Zusammenführung verloren gegangen - fast so, als habe Dahl so viel Routine in dem Verbinden scheinbar verbindungsloser Zufälle, Schicksale, Geschichten und Fälle entwickelt, dass nichts zum Staunen mehr übrig bleibt, weil alles so glatt verläuft, wiewohl der Eindruck der Konstruiertheit in der Zusammenführung aller Handlungsstränge nie stärker war als in „Dunkelziffer“. Umso größer ist die Spannung und Ungeduld, mit derer man der deutschen Veröffentlichung von Band neun und zehn (und nicht zu vergessen: Band elf) aus der Reihe harrt, in der Hoffnung, den „alten“ Dahl zu neuer Bestform auflaufen zu sehen, denn alles in allem bleibt Arne Dahl eine Klasse für sich. © September 2010 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Totenmesse" von Arne DahlEin Roman, der sich in die Seele hineinfrisst
„Totenmesse“ beeindruckt durch seine Darstellung des Persönlichen in der großen Weltgeschichte
Vielen Dank an Alexandra HagenguthWas mit einem Banküberfall beginnt, entpuppt sich als eine Jagd nach einer geheimen Formel für eine bessere, alternative Zukunft ohne Kriege. Der Fall führt die A-Gruppe bis nach Wolgograd (ehemals Stalingrad) und zurück in die Zeit des Zweiten Welt- und des Kalten Krieges. Am Ende wird der Schuldige ordnungsgemäß überführt, doch Erleichterung will sich nicht einstellen – nicht bei Paul, nicht bei der A-Gruppe, nicht beim Leser. Arne Dahls „Totenmesse“ frisst sich in unsere Seele und bewohnt fortan ein Stück von ihr. Kam Arne Dahls vorangegangener Krimi um die A-Gruppe, „Ungeschoren“, genauso frech-fröhlich verspielt daher, was Tonalität, stilistische Spielereien, Gattungsmerkmale, Verweise und Referenzen angeht, wie Puck, Shakespeares unberechenbarer, wilder Geist aus dem „Sommernachtstraum“ und des Mörders flüchtige Identität, so ist die in „Totenmesse“ vorherrschende Atmosphäre, wie es der Titel bereits andeutet, in Moll gehalten. „Totenmesse“ ist Arne Dahls bisher traurigster und hoffnungslosester Kriminalroman. Zwar erlaubt sich Dahl wie schon in „Ungeschoren“ auch hier neckische Verweise auf sich selbst (etwa wenn er davon erzählt, dass Paul Hjelms Sohn Danne „etwas so Bizarres wie Literaturwissenschaft“ (S. 174) studiert und von einigen Dozenten „sehr begeistert“ ist, „die auch eine ziemlich abgehobene Zeitschrift herausg(e)ben“ (ebd.), oder wenn er, auf sich selbst verweisend, von einem „damals jungen Schweden“ (S.48) erzählt, der ein Buch namens „Das Massaker von Chios“ verfasst habe (vgl. ebd.); ebendieses Buch publizierte Arne Dahl nämlich als Jan Arnald 15 Jahre vor „Totenmesse“) oder amüsante Fingerübungen, zum Beispiel wenn er die verschiedenen zur Zusammenarbeit gezwungenen Polizeiabteilungen als „Ritter der Tafelrunde“ parodiert. Doch das täuscht nicht darüber hinweg, dass, wo es in allen vorangegangenen Romanen am Ende noch immer ein wenig Hoffnung auf eine bessere, alternative Zukunft gab, dies in „Totenmesse“ ausgelöscht ist. Mozarts „Requiem“ als Resonanzboden für Dahls „Totenmesse“Zum einen ist es Mozarts Requiem („Totenmesse“) in D-Moll, das Paul Hjelm just in dem Augenblick hört, als er erfährt, dass seine Ex-Frau Cilla eine der Geiseln eines Banküberfalls in Stockholms Nobelviertel Östermalm ist und das ihn – wie die Leser – fortan die gesamten Ermittlungen über begleiten wird und so den Grundton und Resonanzboden des Romans bildet. Zum anderen löscht Dahl – ob bewusst oder unbewusst sei dahingestellt – jegliche Hoffnung auf eine besser und andere Zukunft, eine Zukunft ohne Krieg (um Öl), ohne Umweltverschmutzung und fossile Brennstoffe und ohne Entmenschlichung, aus, denn das allerletzte Kapitel, geschrieben von einem deutschen Wissenschaftler und nunmehr zum kaltblütigen Mörder mutierten Soldaten an der Ostfront, genauer gesagt im Stalingrad des Zweiten Weltkrieges, dessen Tagebucheintragungen wir parallel zu den Ermittlungen in einem immer dubioser werdenden Banküberfall verfolgen dürfen, endet mit den hoffnungsvollen Worten des Menschen und Wissenschaftlers Hans Eichelberger, dass man sich seines humanistischen, wissenschaftlichen Erbes annehmen werde. Das ist für ihn eine Welt, die ohne fossile Brennstoffe auskommt, daher auch keine Kriege um diese führen muss; Hitlers Krieg an der Ostfront wird in „Totenmesse“ mit George W. Bushs Irakkrieg von 2003 gleichgesetzt und im Romangeschehen wiederholte Male als „Krieg um Öl“ dargestellt. Doch da weiß der Leser bereits, dass die Aufzeichnungen, die Eichelberger, gefangen in einem Erdloch in Stalingrad, zusammen mit seinem ehemaligen Doktorvater Maxim Kuvaldin angefertigt hat, nicht mehr existieren. Und man weiß auch, dass sein Sohn, nach dem er sich im Krieg so sehnt und an den er viele seiner Tagebucheintragungen richtet, an diesem Erbe zerbrochen ist. Hans Eichelbergers in dieser letzten Tagebucheintragung zum Ausdruck gebrachte Hoffnung auf eine bessere Zukunft, die Dahl in der immer wiederkehrenden Metapher des „klarblauen Himmel“ verbalisiert („Die Welt hat einen klarblauen Himmel verdient.“ (S.402)), hat sich nicht erfüllt, und damit wird also auch Gunnar Nybergs im Kapitel zuvor beschriebener Blick in den Himmel, der „völlig blau“, „klarblau“ (S.401) ist – unbewusst? – unterminiert.Wie immer es auch für Paul (der am Ende von „Totenmesse“ als „einsamster Mensch auf der Welt“ (S.399) charakterisiert wird) und Cilla, Kerstin und die A-Gruppe in den noch folgenden Romanen weitergehen wird, dieser Fall hat sie verändert, ist nicht spurlos an ihnen vorübergegangen, insbesondere nicht an Paul. Mit dem Wissen, dass sich Hans Eichelbergers Vision einer Zukunft ohne fossile Brennstoffe, ohne Krieg und Entmenschlichung nicht erfüllt hat, mit dem Wissen, dass er „umsonst“ gestorben ist für diese seine Forschung und mit dem Wissen, was sein wissenschaftliches Erbe für seinen Sohn bedeutet hat, legt man „Totenmesse“ nach der Lektüre todtraurig aus der Hand und vermag keinen klarblauen Himmel zu erkennen. So wird die große Weltgeschichte persönlich – und holt uns alle einEs sind vor allem diese Schilderungen der Schicksale von Paul und Cilla, von Hans Eichelberger und Maxim Kuvaldin und ihrer Söhne, die pars pro toto für die gesamte nachfolgende Generation stehen, die in Erinnerung bleiben, weil sich beim Lesen Mozarts Requiem und Dahls Totenmesse in einen hineinfressen, wie sich Mozarts Töne in Paul Hjelms Innerstes, „Schwärzestes“ und das „Reinste“ seiner Seele hineinfressen, als sich ihm und der gesamten A-Gruppe die persönlichen Motive des als Banküberfall getarnten Rachefeldzugs eines ehemaligen Stasi-Agenten offenbaren (vgl. S.345). Hier vermischen sich die Identitäten und Schicksale von Paul, dem Stasi-Spion und Hans Eichelberger, und Paul erkennt schmerzhaft, dass er, der „Internermittler“ (S.346), dem ehemaligen Spion ähnelt, ist er doch der „Spion unter den Polizisten“ (ebd.), und gegen seinen Willen verschmilzt er mit dem Täter in dem Moment, wo es persönlich wird, sieht er doch Cilla, Tova und Danne vor sich (vgl. ebd.) und muss schließlich das bittere Fazit ziehen: „Wir sind alle Spione (…) Wir sind alle Fossilien.“ (ebd.)Wie Hitlers Krieg aus einem hoffnungsvollen Doktorranden einen Massenmörder und gefürchteten Scharfschützen gemacht hat, so hat in Folge dessen der Kalte Krieg und sein Eiserner Vorhang aus Menschen Spione gemacht, die nach dem Fall der Mauer von ihrer Vergangenheit eingeholt werden, wo sie doch nichts lieber als den „unbedachte(n) Entschluss“ ihrer Jugend rückgängig machen wollen (vgl. S.346); die Welt, die Zeit, hat sie „aus einem Menschen zu etwas anderem gemacht“ (ebd.). Am Ende gibt es nur Verlierer, auch wenn der Drahtzieher des cleveren Banküberfalls überführt ist. Auch wenn man hinter dem Bösen die gute Absicht erkennt. „ »Waren wir nahe dran oder nicht? Haben wir es richtig gemacht? «“ fragt Kerstin am Ende in die Runde (S.397). „ »Sicher haben wir es richtig gemacht«, sagte Arto Söderstedt. »Aber richtig ist nicht immer genug.«“ (ebd.) „Totenmesse“ frisst sich in unsere SeeleSo wird der Roman seinem Titel – aller stilistischer, ironischer oder parodistischer Spielereien zum Trotz – mehr als gerecht, denn immer wieder klingt Mozarts Requiem in Pauls Ohren, immer wieder sieht sich der Leser mit den Grausamkeiten und Bestialitäten, die Menschen einander angetan haben und weiterhin antun, konfrontiert, und mit der deprimierenden Einsicht, dass die Kriege, die im Namen der Freiheit geführt werden, doch nur Kriege ums Öl sind und um eines anderen Profits willen geführt werden. Mit „Totenmesse“ ist es Arne Dahl einmal mehr gelungen, einen außergewöhnlichen Kriminalroman zu schreiben, der nicht nur ob seiner Intrige und Spannung fesselt, sondern auch mit seinen Charakteren und ihren Schicksalen und mit einer Aussage, die so banal wie brutal ist und todtraurig stimmt. „Totenmesse“ frisst sich in unsere Seele und bewohnt fortan ein Stück von ihr.© März 2009 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Ungeschoren" von Arne Dahl (Hörfassung)Spurensuche mit Till Hagen
Beim Lesen verpasste Details mit der Hörbuchfassung von Arne Dahls „Ungeschoren“ nachhören Nach fünf Fällen mit der A-Gruppe Arne Dahls und den begleitenden Hörbuchfassungen der Romane von steinbach sprechende bücher mit Till Hagen als Sprecher hat man bei jedem neuen Buch das Gefühl, auf einem Familienfest zu sein. Man hat sich länger nicht gesehen (der letzte Arne-Dahl-Krimi erschien im August 2006), kommt zur Tür herein und das Hallo ist groß. Man begrüßt Tante und Onkel, verplaudert sich mit Cousinen und Cousins ersten, zweiten und dritten Grades, stößt mit Oma auf ein langes Leben an und alle reden durcheinander. Am Ende schwirrt einem der Kopf von dem ganzen lauten Drunter und Drüber, aber schön war’s doch. Familiäre Stimmung – im Roman wie auf CDSo ähnlich ergeht es einem auch nach der Lektüre beziehungsweise dem Hören der ersten Szenen in „Ungeschoren“, Arne Dahls sechstem Roman um die Stockholmer A-Gruppe. Hier stolpert der Leser geradewegs in das Abschiedsfest Jan-Olov Hultins, dem eulengleichen, inoffiziellen Leiter der A-Gruppe, und alle sind sie gekommen: Sara und Jorge mit der kleinen Isabel, Arto Söderstedt und seine ganze blonde Kinderschar, Viggo Norlander mit Astrid und ihrer „Rasselbande“, Gunnar Nyberg und Ludmila, und auch Paul Hejlm – der es geschafft hat, dass seine Tochter Tova ihn auf das Fest begleitet – und Kerstin Holm fehlen nicht. Und wie es sich für ein gutes Familienfest gehört, gibt es auch hier spannende Neuigkeiten zu berichten: Kerstin wird nämlich die Nachfolge Jan-Olov Hultins antreten und zukünftig die A-Gruppe leiten, Paul hingegen wechselt zur Internen, und mit Lena Lindberg und Jon Anderson stoßen gleich zwei Neue zur A-Gruppe – Willkommen in der Familie, möchte man da ausrufen.Genauso vertraut wie reale Verwandte und fiktive Figuren ist dem Arne-Dahl-Fan auch der Sprecher Till Hagen, der bereits die fünf vorangegangenen Hörbücher gelesen hat. Dabei kann man sich beim Zuhören des Eindrucks nicht erwehren, dass auch Till Hagen mittlerweile sehr vertraut mit den Figuren ist und mit ihnen eine Art Freundschaft im Geiste eingegangen ist. Stärker jedenfalls als bei den vorherigen Hörbuchfassungen moduliert Till Hagen hier Klang und Tonlage der einzelnen Figuren, verleiht ihnen Leben und führt mit sicherem Gespür für Stimmen, Stimmlagen und Stimmungen durch „Ungeschoren“. Auch wenn es in dem Roman zuweilen – gewollt – verworren zugeht, mit Till Hagen an seiner Seite verliert der Zuhörer nie den Überblick. Im Gegenteil. Wer beim Lesen des Buches am Ende das Gefühl hatte, das ein oder andere, entscheidende Detail im Rausch der Spannung überlesen zu haben, kann sich mit der deutschen Synchronstimme Kevin Spaceys nochmals auf Spurensuche begeben, verpasste Andeutungen, Hinweise und Erklärungen entdecken und sich an der souverän und elegant komponierten Erzählung erfreuen. Auch wenn Arne Dahls „Ungeschoren“ selbst vielleicht nicht sein bester, wohl aber sein bis dato härtester und die Grenzen des Genres am stärksten strapazierender Krimi ist, so hat steinbach sprechende bücher daraus wieder ein fesselndes Hörbucherlebnis gemacht, das der eigenen Leseerfahrung die stimmige Interpretation Till Hagens entgegengesetzt. Vielen Dank an Alexandra Hagenguth © November 2007 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Ungeschoren" von Arne DahlEin Mörder namens Puck
Ein „gerechter“ Mörder stürzt die A-Gruppe in ein moralisches Dilemma
Vielen Dank an Alexandra HagenguthArne Dahl zeigt sich in „Ungeschoren“ wieder von seiner besten Seite, und das ist die intellektuelle. Souverän spielt er mit den Genregrenzen, verschiebt sie, definiert sie neu und fordert den Leser heraus, ohne dabei der Handlung die Spannung zu nehmen. Im Gegenteil ist es ein großes ästhetisches Vergnügen, Arne Dahl und seine A-Gruppe bei den Ermittlungen zu begleiten. Dass es bei Arne Dahl anspielungsreich und komplex zugeht, ist nichts Neues. Allen bisher auf Deutsch erschienenen fünf Krimis um die Stockholmer Sonderermittlertruppe, der A-Gruppe, liegen mythologische (wie in „Falsche Opfer“ und „Tiefer Schmerz“) oder literarische (wie in „Böses Blut“) Motive zugrunde. Auch „Ungeschoren“, Arne Dahls neuester Krimi, macht darin keine Ausnahme. Dieses Mal ist es Shakespeares Sommernachtstraum, auf den der Autor – und der Mörder – sich bezieht. Im Schwedischen Original heißt das Buch folgerichtig „En midsommarnattsdröm“, „Ein Mittsommernachtstraum“, und in der Mittsommerwoche beginnt auch der bisher existentiell bedrohlichste Fall der Stockholmer Sonderermittlergruppe, die inzwischen von Kerstin Holm geleitet wird, nachdem Jan-Olov Hultin in den Ruhestand verabschiedet worden ist. Kurz darauf überschlagen sich die Ereignisse. Die Moral des Tötens
Eine kurdische junge Frau, die unter neuer, geschützter Identität in Stockholm lebt, wird unter dem Verdacht, ihren Bruder erstochen zu haben verhaftet. Lars-Inge Rundström, Fernsehkritiker, sitzt zu dieser Zeit bereits in Haft, da er den Chef eines Schund-Fernsehsenders erschossen haben soll. Dann wird eine polnische Krankenschwester mit einer Axt ermordet, die, um ihr karges Gehalt aufzubessern, ihrerseits Patienten getötet hat. Schließlich ermordet eine Prostituierte einen moldawischen Schwimmträger, und Jon Anderson, gemobbter, homosexueller Neuzugang der A-Gruppe, wird in Polen niedergestochen. Gleichzeitig ermittelt Paul Hjelm, der nun Leiter der Stockholmer Abteilung für Interne Ermittlungen ist, gleich in seinem ersten Fall gegen seinen Freund und ehemaligen Kollegen Jorge Chavez. Zunächst hat es den Anschein, dass alles habe nichts miteinander zu tun, doch dann führen kaum sichtbare Tätowierungen in den Kniekehlen der Ermordeten die A-Gruppe um Kerstin Holm schließlich auf die Spur des Mörders. Es ist Puck, Shakespeares flüchtiger, unberechenbarer, wilder Geist aus dem „Sommernachtstraum“, der in der mythologisch aufgeladenen Mittsommerwoche sein Unwesen treibt, dabei vier Menschen tötet und damit denen, die allen Grund gehabt hätten, zu morden, die Tat quasi abnimmt. Mit seinen „gerechten“ Morden greift er Recht und Gesetz an, eine Gesetzgebung, der der „Geist“ abhanden gekommen ist, die nur noch buchstäblich verfährt, ohne Rücksicht auf die Menschen, für die sie eigentlich gemacht ist. Was das aber mit den Ermittlungen gegen Jorge Chavez zu tun hat? Alles. Der ahnungslose, sich im Vaterschaftsurlaub befindende Kriminalist ist der Auslöser der Mordserie, die die A-Gruppe moralisch und existentiell auf die Probe stellt. Irrungen und Wirrungen der A-GruppeWas dem 400 Seiten starken Werk vor allem Kohärenz verleiht, sind immer wiederkehrende Metaphern wie das Spinnennetz in Kerstin Holms neuem Büro, das Irrationale und Magische der Mittsommernacht und die Duplizität der Ereignisse, die die Mitglieder der A-Gruppe miteinander verbindet. Mehrfach werden Szenen – ein Telefonat oder ein Kneipenbesuch, bei dem sich die Wege von Kerstin und Paul zufällig kreuzen, ohne dass sie sich dessen richtig bewusst werden – jeweils zwei Mal mit exakt denselben Worten erzählt, obwohl doch aus zwei vermeintlich unterschiedlichen Perspektiven. So ergibt sich ein dichtes Netz aus Verweisen und Hinweisen, die kunstvoll wie Kerstins Spinnennetz miteinander verwoben sind, dem Roman eine poetische Aura verleihen, wie es dem nordischen Mittsommer gebührt, und für den Leser Spuren auslegen. Vieles wird erst im Nachhinein und im Rückblick vollständig verständlich. Ein und dieselbe Szene bildet Anfang und Ende des Romans, und beim zweiten Mal, am Ende der Geschichte, wird man sie, um einige Erfahrungen reicher, mit ganz anderen Augen lesen. Verwirrung und Entwirrung, wie in Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“, ist Leitmotiv und Erzählprinzip in „Ungeschoren“. Alles hängt mit allem zusammen. Am Ende stürzt der Mörder die A-Gruppe selbst in ein ethisches und moralisches Dilemma, aus dem keines der Teammitglieder unbeschadet hervorgeht. Die Ästhetik des KomplexenArne Dahl, der mehrfach für seine Romane mit dem Deutschen Krimipreis, der renommierteste Auszeichnung des Genres, ausgezeichnet wurde, zeigt sich in „Ungeschoren“ wieder von seiner besten Seite, und das ist die intellektuelle. Souverän spielt er mit den Genregrenzen, verschiebt sie, definiert sie neu und fordert den Leser heraus (an einer Stelle bringt er sich selbst als Autor-Ich ein), ohne dabei arrogant zu werden oder der Handlung die Spannung zu nehmen. Im Gegenteil ist es – wie immer, möchte man sagen – ein großes ästhetisches Vergnügen, Arne Dahl und seine A-Gruppe bei den Ermittlungen zu begleiten.© Oktober 2007 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Rosenrot" von Arne Dahl (Hörfassung)Mut zum MinimalismusSchnörkellose Hörbuchfassung vertraut voll und ganz der Stimme Till Hagens
Arne Dahls neuester Fall erzählt von der Liebe und ihren seltsamen Kindern: ein rasanter, tiefgründiger Fall, der im Milieu illegaler Einwanderer beginnt. Dag Lundmark war Leiter einer rasch und effektiv durchgeführten Razzia. Winston Modisane musste dabei sterben - aber war der Tod des Südafrikaners wirklich unvermeidlich? Paul Hjelm und Kerstin Holm stoßen auf jede Menge Ungereimtheiten und aus einer Routinebefragung wird bald Kerstins persönlichster Einsatz. steinbach sprechende bücher bleibt sich auch bei dieser Arne Dahl-Hörbuchfassung treu und vertraut zu Recht voll und ganz auf Till Hagens sonore und nie übertrieben artikulierte Stimme. Passend zum kühlen Intellekt der Bücher Dahls verzichtet steinbach sprechende bücher zudem auch hier wieder auf störende dramatische Elemente wie musikalische Arrangements oder Hintergrundgeräusche. Das verschafft gleichzeitig Till Hagen als Sprecher den nötigen Raum, mit nur kleinen stimmlichen Veränderungen Wegmarken zu setzen und zu artikulieren. Kurz: Wieder eine gelungene Umsetzung des Romans von Arne Dahl. Vielen Dank an Alexandra Hagenguth© August 2006 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Rosenrot" von Arne DahlLiebe nimmt Rache
Zur Halbzeit des Romanzyklus um die Stockholmer
A-Gruppe ist auch Kerstin Holm in der Mitte ihres Lebens angekommen
und muss sich ihrer Vergangenheit stellen, um weiter leben zu können.
Vielen Dank an Alexandra HagenguthHalbzeit für die A-Gruppe um Chefermittler Jan-Olov Hultin und die beiden herausragenden Charaktere Paul Hjelm und Kerstin Holm. "Rosenrot" ist nämlich bereits der fünfte von insgesamt zehn Romanen über die "Spezialeinheit für Gewaltverbrechen von internationalem Charakter beim Reichskriminalamt", wie die A-Gruppe offiziell heißt. In der Mitte des Lebens kehrt die Vergangenheit zurückIn der Mitte des Lebens angekommen, ist auch Kerstin Holm, die sich in "Rosenrot" ihrem persönlichsten Fall stellen muss. Hier trifft sie in einem Verhör auf den heruntergekommenen, alkoholabhängigen Polizisten Dag Lundmark, der den Südafrikaner Winston Modisane bei einer Polizeirazzia, die Jagd auf illegale Einwanderer macht, erschossen hat. Dass Dag Lundmark ganz andere als mögliche rassistische Motive hatte, Winston Modisane zu erschießen, wird bald klar, nicht zuletzt Kerstin selbst, kennt sie Dag Lundmark doch aus vergangenen Göteborger Tagen. Dag Lundmark ist Kerstins Ex-Verlobter, der "keinerlei Absicht hatte, seinen sexuellen Willen nicht durchzusetzen." Kurz nach dem Verhör verschwindet Dag Lundmark unauffindbar, doch nicht spurlos. Es geschehen weitere Morde und Dag Lundmark hinterlässt deutliche Zeichen - wenn man sie denn zu erkennen und deuten weiß.So nähert sich die A-Gruppe aus zunächst zwei scheinbar verschiedenen Richtungen - neben der bald als Mord klassifizierten Tötung Modisanes muss noch der rätselhafte Selbstmord des zurückgezogen lebenden Ola Ragnarsson geklärt werden - der Mitte, dem zentralen Konflikt beider Fälle, die doch aufs Engste miteinander verbunden sind. Zusammengehalten ausgerechnet von einem Mitglied der A-Gruppe: von Kerstin. Für die ist der zentrale Konflikt jedoch lange Zeit ein blinder Fleck; die Beziehung zu Dag und ihre unangenehmen Folgen hat sie verdrängt. Gleichzeitig spürt sie intuitiv, dass es einen Grund gibt, dass sie noch immer Dags Verlobungsring trägt, und Intuition gepaart mit guter polizeilicher Ermittlungsarbeit ist es dann auch, was Kerstin immer stärker zur Mitte des "schwarzen Lochs", das ihre Jahre mit Dag umgibt, zieht. Dabei bedroht Kerstins Erinnerungslücke nicht nur ihre eigene Existenz, sondern die der ganzen A-Gruppe. Dass es noch mal gut geht, ist einer sehr kranken Vorstellung von Liebe zu verdanken, die mit biblischem Zorn vernichtet, um Neues zu schaffen. Hier darf man gespannt sein, wie es für Kerstin, nachdem sie in "Rosenrot" die Mitte ihres Lebens überschritten und das "schwarze Loch" der Verdrängung überwunden hat, weitergeht. So gelingt Arne Dahl mit "Rosenrot" nun schon zum fünften Mal ein Krimi, der einen spannenden Plot um weitere, Dahl-Lesern bereits bekannte, Metaebenen wie Bibelzitate und Assoziationen erweitert und damit ein eigenes ästhetisches Universum schafft. Doch bei allem literarischen Überbau vergisst Arne Dahl nicht, in welchem Genre er sich bewegt. Klassische Krimielemente kombiniert er vielmehr immer wieder neu und spannend mit menschlich-existentiellen Fragestellungen. Das ist der eigentliche Thrill und die magische Sogwirkung, die Arne Dahls Romane um die A-Gruppe ausmachen. © April 2006 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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Großer Lauschangriff: Aktuelle Hörbücher von Arne Dahl29 Stunden auf Verbrecherjagd mit Paul HjelmDer Sommer kann mir gestohlen bleiben - jedenfalls,
wenn Arne Dahls Romane weiterhin von steinbach sprechende bücher
vertont werden und lange, kalte Wintersonntagnachmittage zum spannenden
Erlebnis machen. Winter - oder zumindest ein verdammt verregneter Sommer
- sollte es dann aber auch sein, wenn man sich die drei Produktionen
"Misterioso", "Böses Blut" und "Tiefer
Schmerz" vornimmt, denn alle haben nicht weniger als 7 CDs mit
einer Gesamtlänge von je rund 580 Minuten. Das sind also 29 Stunden
Krimispannung auf CD gebrannt, was schon eine gehörige Portion
Ausdauer erfordert, auch wenn Till Hagen, Sprecher aller Hörbücher,
seinen Job wirklich gut macht. Er variiert Stimme und Tonlage gerade
genug, um Nuancen und unterschiedliche Charaktere und Stimmungen herauszuarbeiten,
ohne jedoch zum "Alleinunterhalter" zu mutieren. Äußerst
begrüßenswert finde ich, dass auf ablenkende oder die Dramatik
unterstreichenden Mittel wie Musik und Hintergrundgeräusche verzichtet
wurde. Das würde Arne Dahls stets beklemmenden und die Psyche stark
in Anspruch nehmenden Krimis nur schaden. Sie wirken am besten ganz
"nackt". © April 2006 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Tiefer Schmerz" von Arne Dahl
Aufgehängt mit dem Kopf nach unten und ein spezielles
Stück Draht durch die Schläfe in das Schmerzzentrum des Gehirns
gebohrt - grausamer kann kein Mensch zu Tode gepeinigt werden. Doch
warum wurde dies einem beinah 90-jährigen Nobelpreiskandidaten
angetan, der noch dazu als anerkannter Überlebender des KZs Buchenwald
weltweit allergrößte Wertschätzung genoss? Doch womöglich
noch eigenartiger ist die für die Stockholmer Sonderermittler der
A-Gruppe augenscheinliche Verbindung zu einem anderen Mordopfer: Ein
brutaler Zuhälter ist in das Gehege von Vielfraßen gestoßen
worden und wurde von ihnen nahezu restlos einverleibt. © März 2005 buechernachlese |
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"Tiefer Schmerz" von Arne DahlDer beste Grund seit Sjöwall/Wahlöö Schwedisch zu lernen
Es ist ein lauer Maiabend in Stockholm und der junge Grieche zieht sich genüsslich ein paar Gramm Koks rein. Kurz darauf wird er in das Vielfraß-Gehege von Skansen getrieben und von den lieben Tierchen mit Haut und Haaren verspeist. Es ist kein schöner Anblick, der sich Paul Hjelm und seinem Kollegen Jorge Chavez bietet, als sie zum Tatort gerufen werden. Außerdem haben die Vielfraße gründliche Arbeit geleistet. Es gibt kaum verwertbare Spuren, nur eine dünne Metallnadel und die mysteriöse Botschaft des Toten: Epivu. Zur selben Zeit an einem anderen Ort: Acht Ukrainerinnen, Zwangsprostituierte, verschwinden plötzlich und scheinbar spurlos bei Nacht und Nebel aus ihrem Asylantenheim. Sara Svenhagen und Kerstin Holm sind zunächst mindestens ebenso ratlos wie ihre Kollegen Hjelm und Chavez. Nur etwas später wird schließlich ein bald neunzigjähriger jüdischer Hirnforscher und Nobelpreiskandidat auf dem jüdischen Friedhof kopfüber an einem Baum hängend ermordet aufgefunden. In seiner Schläfe steckt eine dünne Metallnadel, die direkt ins Schmerzzentrum des Hirns führt, was maximalen Schmerz und in Folge dessen den Tod auslöst. Was hat der jüdische Hirnforscher und KZ-Überlebende Sheinkman mit dem griechischen Zuhälter Nikos Voultsos gemein? Warum mussten beide auf dieselbe grausame Weise sterben? Erst als der Klein-Kriminelle und Handydieb Hamid an der Stockholmer U-Bahn-Station Odenplan von einer "Ninja-Feministin" brutal zusammengeschlagen und vor die herannahende U-Bahn gestoßen wird, ergibt sich ein Muster und eine erste, vage Spur für das Stockholmer A-Team. Arto Söderstedt, eigentlich im toskanischen Familienurlaub, wird kurzerhand zum "Europa-Bullen" erklärt, denn was folgt, ist eine Jagd durch halb Europa und durch ein halbes Jahrzehnt: Mailand, Odessa, Weimar - 2000 und 1945. Das schwedische Tabu: Die Schweden und die NazisDie Ermittlungen führen das A-Team in die Zeit
des Zweiten Weltkrieges und konfrontieren es mit einem für Schweden
schwierigen und tabuisierten Thema: der eigenen, schwedischen nationalsozialistischen
Vergangenheit. Paul Hjelm graut es davor, "die Judenvernichtung
und die Konzentrationslager und den europäischen Antisemitismus
ansprechen zu müssen. Er war nämlich Schwede, und Schweden
mögen solch tabuisierte Themen nicht. Wir kriegen Schweißausbrüche."
Und Arne Dahl bohrt den Finger noch tiefer in die zwar gern verdrängte,
doch eiternde, schwedische Wunde: "Wir waren nicht dabei, wir können
es nie verstehen, wir haben mit der Sache nichts zu tun (
)."
Er entlarvt diese gebräuchliche Ausrede als: "Schwedische
Geschichtslosigkeit und vorgetäuschte Neutralität in einer
unheiligen Allianz. Wir waren in höchstem Maße dabei.
Wir haben in allerhöchstem Grad mit der Sache zu tun. Wir
können sie in allerhöchstem Grad verstehen. Wir müssen.
Weltmeister im Unter-den-Teppich-Kehren." Dabei bleibt Arne Dahl
nicht im Abstrakten, sondern als Literat, der sich in der Nachfolge
Sjöwall/Wahlöös sieht, macht er das Private zum Politischen
wie das Politische zum Privaten und transferiert die schwedische Verstrickung
in den Nationalsozialismus auf eine persönliche und damit nachvollziehbare
Ebene. Das dürfte für viele schwedische Leser beinahe so schmerzhaft
sein wie die grausame Tötungsmethode in "Tiefer Schmerz",
deren Ursprung in den bestialischen medizinischen Experimenten der SS-Ärzte
zu suchen ist. © Februar 2005 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Falsche Opfer" von Arne DahlIntelligent, ungeheuer spannend und von internationalem Format
In der Stockholmer Kneipe Kvarnen geschieht ein Totschlag. Es kommt zum Tumult, einige Gäste können den Tatort, ungehindert von den Türstehern, verlassen. Andere werden zu Zeugen. Wie Per Karlsson. Der vorgibt, nichts gesehen und gehört zu haben. So vertieft sei er gewesen, in Ovids Metamorphosen. Kurz darauf wird im Hochsicherheitsgefängnis in Kumla der Drogendealer Lordan Vukovic in seiner Zelle von einer Bombe in Stücke zerfetzt. Am Abend des schwedischen Mittsommer ereignet sich schließlich ein weiteres Verbrechen, das mehrere Tote fordert: Zwei verfeindete Banden wollen einen mysteriösen Aktenkoffer an sich bringen, der den Schlüssel zu einem Banksafe enthält. Doch die Übergabe misslingt, und der Aktenkoffer ist verschwunden. Für Paul Hjelm und seine Kollegen von der A-Gruppe beginnt damit eine dramatische und blutige Jagd nach jugoslawischen Kriegsverbrechern, Drogendealern, Pädophilen, Nazis und - Orpheus und Eurydike.
Damit liegen Arne Dahls drittem Roman über die A-Gruppe gleich
zwei antike Themen zugrunde, nämlich Ovids Metamorphosen sowie
die griechische Sage um Eurydike und Orpheus. Wie in der griechischen
Mythologie sind auch Arne Dahls Orpheus und Eurydike zwei Liebende,
die in den finstersten und tiefsten Raum der Unterwelt geblickt haben.
Doch ist die Geschichte von Orpheus und Eurydike auch die Geschichte
von Eros und Thanatos (Tártaros), von den beiden stärksten
Trieben des Menschen, dem Lebens- und dem Todestrieb, und von der Liebe,
die den Tod überwindet. Damit findet "Falsche Opfer"
nach einer Blutorgie doch noch ein versöhnliches Ende. Zumindest
für einige der Beteiligten ist Gerechtigkeit geschaffen worden. © Juni 2004 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Falsche Opfer" von Arne Dahl
WOW! Das ist ein Buch. Es hat alle Erwartungen erfüllt!
Schon nach dem Lesen von böses blut (weiter unten)
hatte ich das Gefühl, dass die Bücher von Arne Dahl immer
besser werden würden. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an
falsche opfer. © Mai 2004 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Böses Blut" von Arne Dahl
Eine Ermittlungsgruppe für besondere Gewaltverbrechen
von internationalem Charakter, aber nix zu tun. Der Einstieg in
den Fall gelingt dem Buch mit einer mißlungenen Aktion der A-Gruppe.
Auf dem Flughafen entwischt ein aus NewYork angereister Serienmörder,
der dann erst einmal untertaucht. Also noch immer nichts Richtiges zu
tun. Aber dennoch Zeit, die Ermittler bei den Einstiegsarbeiten in diesen
komplexen Fall (denn das wird er werden) kennenzulernen. Es handelt
sich um interessante Charaktere, die sehr interessant entwickelt sind.
Richtige Typen eben, dabei aber nur wenig überzeichnet und in einer
richtigen Umwelt agierend. Dies drängt den zwar mittlerweile schon
totgerittenen aber durchaus als kompliment gemeinten Vergleich zu Maj
Sjöwall, Per Wahlöö auf. © Mai 2004 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Böses Blut" von Arne Dahl"Böses Blut" - Der beste Schwede seit langem!Arne Dahl auf den Spuren Sigmund Freud und Sigurd Hoels
Ein schwedischer Literaturkritiker wird auf dem Flugplatz
in New York hingerichtet. Sein Mörder bucht sich auf den nunmehr
frei gewordenen Platz der SAS-Maschine nach Stockholm ein - Schweden
ist dabei, seinen ersten Serienmörder zu importieren. Die schwedische
Polizei und vor allem die A-Gruppe um Chef Hultin wird informiert und
eingeschaltet. Alles deutet darauf hin, dass der Kentuckymörder,
der nach 15 Jahren Pause wieder zuschlägt, der Vietnam-Veteran
Wayne Jennings ist, denn den Opfern werden auf ganz spezielle und grausige
Weise die Stimmbänder durchtrennt. Doch Wayne Jennings kam angeblich
bei einem Unfall vor Jahren ums Leben. Drei weitere Menschen sterben.
Paul und seine Kollegin Kerstin werden in die USA geschickt, um direkt
mit dem FBI und vor allem mit FBI-Agent Larner, der Wayne Jennings seinerzeit
zur Strecke brachte, zusammenzuarbeiten. Hier nähern sie sich dem
Zentrum des Orkans, doch auch an der Heimatfront in Schweden spitzt
sich die Lage dramatisch zu. © 2003 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Misterioso" von Arne DahlGroße Strategie mit kleinen Schwächen
Was hatten die drei schwedischen Geschäftsmänner
gemeinsam, die auf dieselbe Weise kaltblütig hingerichtet worden
sind? - Nicht genug, daß Paul Hjelm tief in einer Ehekrise steckt,
jetzt ist er auch noch jenem Sonderkommando der Kripo zugeteilt worden,
das "besondere Fälle" lösen soll. Und der mysteriöse
Mord an den Geschäftsleuten gehört dazu. Eine erste Spur,
die zu einer Geheimloge führt, erweist sich als Sackgasse. Daß
die russische Mafia in den Fall verwickelt ist, scheint ebenfalls eine
unhaltbare Hypothese. Paul Hjelm tappt im dunkeln. Wenn nicht seine
attraktive Kollegin Kerstin wäre, hätte er längst das
Handtuch geworfen. Doch dann die heiße Spur: ein Jazzstück
mit dem Titel "Misterioso" ... © 2003 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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"Misterioso" von Arne Dahl
Paul Hjelm, Inspektor der Stockholmer Polizei, in einer
Ehekrise steckend, wird überraschend zu einer Sondereinheit der
Reichskripo berufen: Drei erfolgreiche Geschäftsleute wurden durch
gezielte Kopfschüsse hingerichtet während der Täter einem
Jazzstück namens "Misterioso" lauschte. © 2003 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
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