"Brigade
der sauberen Hände" von Ole Bornemann
Das Verwerfliche kann man auch lieben
So einen Kommissar gab es - glaube ich - noch nie. Einer der engagiert
und durchtrieben die Verfolgung eines korrupten Netzwerkes aufnimmt und
schrittweise Ermittlungserfolge aneinanderfügt. Drei Morde innerhalb
kürzester Zeit bringen den Mann des Gesetzes ordentlich auf Trab
und schaffen Verwirrung aber eben auch einen starken Einstieg.
Seine Erkenntnis führt ihn schließlich zum Kopf eines verbrecherischen
"Unternehmens": Coldorani. Der will sich zur Ruhe setzen und
fortan unbelastet und unbelästigt seinen Lebensabend verbringen.
Sein Angebot reizt Tom Borg, den sympathischen Kriminalisten so, dass
er sich darauf einlässt, zumal ein noch viel "dickerer Fisch"
ins Netz gehen könnte, Joël Global, Kopf eines Verbrechersyndikats
mit einflussreichen Verbindungen zu Regierungskreisen in Paris. Interessanter
Weise bleibt der abtrünnige Kommissar dennoch liebenswert und ruft
keineswegs ehrrührige Empfindungen hervor.
Buchtipp |
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Der dänische, in der Handlungsregion Südfrankreich lebende Autor
schafft es mit seiner lebendigen Erzählweise das Abwegige, Korrupte
so zu schildern und die Figuren so zu gestalten, dass man letztlich nur
wenig gegen die handelnden Protagonisten haben kann. Vielmehr lenkt er
die Ablehnungsempfindungen auf ein ganz anderes System, das vermeintlich
legale, staatliche. Dort blüht das, was der Kommissar eigentlich
bekämpfen will viel unaufhaltsamer, als in den Grenzen einer Mafia-Organisation.
So schlägt man sich mehr oder weniger willig auf die Seite der "Bösen"
- anfangs ohne es zu merken - und bleibt bis zum Ende gespannt interessiert,
wie es wohl aussehen wird. Ahnen kann man es nicht und so hat der Autor
eine gute Form getroffen, die Leselust bis zu den letzten Zeilen hoch
zu halten. Der Roman gefällt auch, weil er so aufrichtig formuliert
beschreibt, was die handelnden Figuren bewegt. Ein wenig ist die Geschichte
eben normal, was sie vielleicht erst Recht lesenswert macht.
Vielen Dank an Uli Geißler,
Freier Journalist und Autor aus Fürth / Bayern
© August 2004 Redaktionsbüro Geißler für das Literaturportal
schwedenkrimi.de |
"Es lebe
der Präsident" von Ole Bornemann
Als auf einer Müllhalde in der Nähe von Nizza die Leiche einer
jungen Frau gefunden wird, übernehmen Kommissar Grissard und sein
Kollege Inspektor Brun von der zuständigen Mordkommission die Ermittlungen.
Zunächst ergeben sich Hinweise auf den Chirurgen Vangard, in dessen
Klinik die Tote als Krankenschwester arbeitete und der in undurchsichtige
Machenschaften um Organhandel und Nierentransplantionen verwickelt zu
sein scheint. Doch es gibt Ungereimtheiten: So zeigt der Körper der
ermordeten Caroline Tricot Spuren von Folterungen, und auch die luxuriöse
Wohnung des Opfers und ihr für eine Krankenschwester beträchtliches
Bankguthaben lassen die Ermittler stutzen. Doch schon bald stößt
Grissard auf Indizien, die nahelegen, dass höchste Regierungskreise
bis hin zum Ministerpräsidenten Lopac in den Mordfall verwickelt
sind.
Ole Bornemann folgt bei seinem Debüt zunächst dem klassischen
und zuletzt sehr erfolgreichen Muster des Kriminalromans: Die Hinterlassenschaft
eines Verbrechens wird gefunden und es setzen Nachforschungen ein, bei
denen der Ermittler als Hauptfigur im Zentrum des weiteren Geschehens
steht. Nach etwa einem Drittel nimmt das Buch eine Wendung, die in dieser
Form bei den übrigen erfolgreichen Krimiautoren und -autorinnen vor
allem aus Skandinavien wie z. B. Henning Mankell, Liza Marklund, Gunnar
Staalesen, Anne Holt, Bjarne Reuter, Leif Davidsen, Juliane Preisler,
Björn Hellberg, Ingvar Ambjörnsen oder Håkan Nesser nicht
zu finden ist. Der Ermittler, hier ein Polizist, erweist sich als korrupt
und wird aufgrunddessen auf vielschichtige Weise selbst zum Täter.
Die Aufklärung des ursprünglichen Verbrechens ist von diesem
Punkt an nur noch von untergeordnetem Interesse und die Frage, ob die
Machenschaften des Kommissars aufgedeckt werden oder nicht, rückt
beim Leser in den Mittelpunkt. Der Wandel der Figur in ihrer Darstellung
wird durch die neue Identität in Form von gefälschten Ausweispapieren
und verändertem Aussehen auch äußerlich vollzogen. In
diesem Teil nimmt das Werk in manchen Passagen teilweise den Charakter
eines Thrillers bzw. eines Agentenromans an, in dem es um deponierte Briefumschläge,
Geheimdienstler, doppelte Wände und darum geht, die Gegenseite auszutricksen.
Eine weitere Besonderheit gegenüber den Romanen der genannten Erfolgsschriftsteller
stellt sicherlich die mondäne Hintergrundkulisse der Handlung dar.
Dass ein Krimi eines dänischen Autoren an der Mittelmeerküste
Frankreichs im sozialen Umfeld aus Chefärzten, Edelprostituierten
und hochrangigen Politikern und nicht im provinziellen Hinterland oder
den pulsierenden Metropolen der nordischen Länder im Dunstkreis von
Außenseitern und Psychopathen spielt, ist sicher ungewöhnlich.
Doch gelingt die Verbindung skandinavischer Krimi- und Erzähltradition
einerseits sowie südländischer Mentalität und Umgebung
andererseits im vorliegenden Roman ausgezeichnet.
Daneben ist der Rahmen der Gesellschaftskritik bei Bornemann im Vergleich
zu den o. g. Verfasserinnen und Verfassern wesentlich enger gesteckt.
Kaputte Familien und zerrüttete Privatleben behandelt er allenfalls
am Rande. Seine Themen sind im Wesentlichen Korruption und Bestechlichkeit
sowie `Vetternwirtschaft´ innerhalb staatstragender Bereiche wie
Politik, Polizei und Presse, was er schon durch das vorangestellte und
von ihm frei erweiterte Shakespearezitat "There is something rotten
in the states of Denmark, France, Germany, Italy, US, England, Norway,
Russia, etc. ..." und innerhalb seines Vorworts deutlich macht. Bei
Bornemann ist sich jeder selbst der Nächste, Loyalität und Pflichtbewusstsein
existieren nicht und sind von den vermeintlichen Protagonisten dieser
Tugenden nur nach außen und zum Schein aufrecht erhaltene Floskeln,
die eine dreist-trügerische Fassade bilden. Mit Umschreibungen wie
`Deroute der Moral´ oder `Rennaissance der Lüge´ ließe
sich in etwa die übergeordnete Botschaft dieses Buches zusammenfassen.
Einen Ausweg aus dieser Situation oder eine Eindämmung der Entwicklung
deutet der Autor nicht an. Am Ende siegen nicht nur die Bösen, sondern
die Guten gibt es nicht einmal.
Auffällig ist, dass der Roman in seinem Original offenbar schlecht
redigiert wurde, was viele Druck- bzw. Tippfehler und falsche Satzzeichen
sowie unterschiedliche Schreibweisen des Namens ein und derselben Figur
belegen (auf Seite 160 tritt z. B. eine Figur namens Fassi auf, die nur
wenig später auf Seite 166 Facci heißt). Aber der schnelle
und präzise, fast reportagenhafte Erzählstil - unterstrichen
durch die Betitelung der Kapitel mit den einzelnen Wochentagen - vermeidet
Längen und überflüssige Passagen und bewirkt so ein hohes
Tempo innerhalb des gesamten Buches.
"Es lebe der Präsident" (Det sidste vidne)
ist eine spannend erzählte Geschichte von hohem Unterhaltungswert
gepaart mit gesellschaftskritischem Engagement des Verfassers und kann
aufgrund der angesprochenen Ingredienzen als ein Kriminalroman von internationalem
Zuschnitt bezeichnet werden. Es stellt sich daher die Frage, warum dieses
Buch nicht schon früher für den deutschsprachigen Raum entdeckt
bzw. genutzt wurde. Unter der Voraussetzung, dass die erwähnten Besonderheiten,
durch die sich das Werk von anderen Texten des gleichen Genres unterscheidet,
vom Verlag in Präsentation und Vorstellung berücksichtigt und
über den Buchhandel an den Leser weitergegeben werden, können
für "Es lebe der Präsident" (Det sidste
vidne) am deutschen Buchmarkt gute Erfolgschancen prognostiziert werden.
Der im vergangenen Jahr in Dänemark erschienene zweite Kriminalroman
Bornemanns würde gegebenenfalls eine Fortsetzung seiner Autorenschaft
im hiesigen Sprachraum ermöglichen.
Vielen Dank an Patrick Zöller
© August 2003 Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien |
"Es lebe
der Präsident" von Ole Bornemann
Auf höchster Ebene kriminell
Die Story um die Mord an einer vermeintlichen Krankenschwester hat es
in sich. Ziemlich schnell wird deutlich, dass etwas vertuscht werden soll,
das sich in höchsten Politikerkreisen abgespielt hat.
Die lang vorhaltenden Vermutungen machen wahrscheinlich den Reiz aus,
denn der Autor schafft es, lange Ungewissheit vorherrschen zu lassen.
Dennoch sind die anfänglichen Gedanken näher an der Wahrheit
dran, als es über lange Zeit scheint.
Der dänische Autor hat den Plot nach Frankreich verlegt, was irgendwie
gut passt und keinerlei Zweifel aufkommen lässt, ob der Handlungsort
nun möglich sein kann oder nicht. Man glaubt es und hechelt den Schuldigen
hinterher.
Pikanterweise zieht einen der Autor so in die Lebenswirklichkeit seiner
Protagonisten mit hinein, dass man sogar wohlwollend die ungesetzlichen
Vorhaben des Kommissars gedanklich unterstützt. Das Ende gefällt
zwar schließlich wenig, aber es bleibt das angenehme Gefühl,
einen guten Krimi gelesen zu haben. Und das wollte der Autor vermutlich
ja auch.
Vielen Dank an Uli
Geißler, Freier Journalist und Autor aus Fürth / Bayern
© Juli 2003 Redaktionsbüro Geißler für das Literaturportal
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