Bo Balderson ist das Pseudonym eines Schriftstellers, der über
ausgesprochenes Sprachbewusstsein, einen wunderbar bissigen Humor
und über eine genaue Kenntnis der politischen Arena Schwedens
Anfang der siebziger Jahre verfügt, in denen seine Romane erstmals
veröffentlicht wurden und auch spielen.
Seine insgesamt elf Kriminalromane erreichten in Schweden Rekordauflagen.
Bo Balderson ist wohl einer der geheimnisvollsten Schriftsteller
Schwedens, was steckt nun wirklich dahinter? In
all den Jahren versuchte die schwedische Presse, das Geheimnis um
Bo Balderson zu lüften. Einige hundert leitende Politiker,
Beamte und Schriftsteller wurden bereits für Balderson gehalten.
Alle verneinen, fühlen sich jedoch geschmeichelt.
Zweimal ist Bo Balderson bisher an die Öffentlichkeit getreten.
Ein erstes Interview - natürlich unter Wahrung seiner Anonymität
- wurde am 26. Oktober 1980 veröffentlicht.
Fast 20 Jahre später führte
Liza Marklund ein weiteres
Interview mit ihm per E-Mail, das am 15. September 2000 in der schwedischen
Zeitung "Aftonbladet" erschien. In
diesem Interview - übrigens ein wunderbares Zeugnis Baldersonschen
Humors - fragt Liza Marklund ihn u. a., ob er nicht jemals Lust
gehabt hätte, einfach die Zigarre aus dem Mund zu nehmen und
zu sagen: Okay, ich bin Bo Balderson?
Im März 2003 hatte Susanne Hagemann vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) noch einmal die seltene Gelegenheit, den Autoren Bo Balderson zu interviewen.
Auch wir haben uns natürlich Gedanken gemacht, wer Bo Balderson sein könnte,
schwedenkrimi.de
Autorin Alexandra Hagenguth wagte schon einmal einige Vermutungen.
Jan Carlquist etwa, Pfarrer aus Skillingmark
in Värmland, nahe der norwegischen Grenze, und Schriftsteller
zumeist religiöser Werke, ist sich ganz sicher, dass sich hinter
Bo Balderson keine geringere als Astrid Lindgren verbirgt! Er führt
dies auf verschiedene Indizien zurück:
Zum einen sei von Bo Balderson kein Buch mehr erschienen, nachdem
Astrid Lindgren ihren 90. Geburtstag gefeiert habe - könne
das nicht heißen, dass auch Bo Balderson sein 90. Lebensjahr
vollendet habe? Zum anderen habe ein Mitarbeiter des Bonniers-Verlages
erzählt, dass Bo Balderson sehr höflich von einer königlichen
Hoheit gegrüßt worden sei, als besagter Mitarbeiter mit
Bo Balderson im Djurgården spazieren gegangen sei - und wer
außer Astrid Lindgren aus dem schwedischen Kulturleben sei
so bekannt und geachtet, dass er oder sie von einer königlichen
Hoheit nicht nur erkannt, sondern gar gegrüßt würde!
Desweiteren vermutet Carlquist hinter der Veröffentlichung
der Romane von Bo Balderson im Bonniers-Verlag eine Revanche dafür,
dass Bonniers seinerzeit so dumm gewesen sei, die Kinderbücher
von Astrid Lindgren abzulehnen. Nun erscheinen sie im Rabén
& Sjögren-Verlag, der damit quasi seine gesamten anderen
Publikationen subventioniert. Also habe Bonniers, als größter
und stärkster Verlag in Schweden, Astrid nun gebeten ein Buch
für Erwachsene zu schreiben, um auch noch von Astrid Lindgrens
Talent profitieren zu können. Aus Rücksicht auf den kleinen
Rabén & Sjögren-Verlag sowie auf Astrids Ruf und
dem Ansehen, das sie in ihrer Fangemeinde genießt, sei es
aber wohl besser gewesen unter Pseudonym zu veröffentlichen.
Außerdem sei Stadtrat Bo Balderson
zwar ein Mann, aber es sei aus einer sehr femininen Perspektive
heraus geschrieben, argumentiert Carlquist weiter. Schließlich,
so führt Carlquist weiter an, sei der Humor in den Bo Balderson-Romanen
exakt derselbe wie in Michel aus Lönneberga, das detektivische
Gespür identisch mit dem Kalle Blomqvists - nur eben für
Erwachsene verfasst. Und sei hinter dem kinderliebenden Bo Balderson
Astrid Lindgren nicht unverkennbar?
Andere Stimmen sagen, dass sich hinter Bo Balderson ein schwedischer
Akademiker verberge (ein Theologe wird hier heiß gehandelt),
der sich auf Irland niedergelassen habe. Einige Fährtenleser
im Fall Bo Balderson wollen Auszahlungen des Verlages an just diese
- namenlose - Person auf Irland ausgemacht haben.
Aber es werden noch weitere Namen ins Spiel gebracht und jetzt wird's
richtig spannend!
Wieder andere spekulieren, dass sich hinter Bo Balderson der Spitzenjournalist
Åke Ortmark verbirgt, der sich vor allem während der
Wahlkämpfe in den 60er und 70er Jahren einen Namen machte,
weil er sich - zusammen mit seinen Kollegen Lars Orup und Gustav
Olivecrona - hartnäckig und dem investigativem Journalismus
verpflichtend an die Fersen diverser Politiker klemmte. Man nannte
das Dreigestirn auch "Die drei O's".
Ortmark selbst hat Zeit seines Lebens hartnäckig bestritten,
Bo Balderson zu sein.
Spektakulär ohne gleichen aber ist der letzte Name, der zur
Debatte steht: Ebbe Carlsson! Zu zweifelhafter Berühmtheit
gelangte Ebbe Carlsson 1988 im Zusammenhang mit der Aufklärung
des Mordes an Olof Palme, der am 28. Februar 1986 in Stockholm auf
offener Straße erschossen wurde. Ebbe Carlsson, nach dem gar
eine Affäre benannt ist, die seinerzeit ganz Schweden erschütterte,
erhielt von der damaligen Justizministerin Anna-Greta Leijon höchstpersönlich
die Erlaubnis, illegale Abhörmethoden zu verwenden, um Olof
Palmes Mörder zu finden.
Buchtipp |
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Ebbe Carlsson hatte als Redakteur bei der GT, Göteborgs Tidningen,
begonnen und schon damals verkündet, er wolle Justizminister
werden. Tatsächlich schaffte er es bis zum Pressesekretär
des Justizministers Lennart Geijer, der aufgrund seiner Treffen
mit Prostituierten in Verruf geriet. Anna-Greta Lejion jedoch, nunmehr
Justizministerin, fasste Vertrauen in Carlsson und stellte ihm persönlich
einen Freibrief aus, der ihn bevollmächtigte, der Polizei bei
der Suche nach Palmes Mörder zu helfen.
Mit dieser Bevollmächtigung in der Tasche reiste Ebbe Carlsson
dann zusammen mit zwei Polizisten ins Ausland, um eine Abhörausrüstung
zu beschaffen, die in einem extra für diesen Zweck aufgebauten,
privaten Polizeirevier in der Renstiernasstraße im Süden
Stockholms installiert wurde. Dorthin sollten auch Waffen, Autos
und anderes mehr geschafft werden. Ebbe Carlsson war inzwischen
Buchverleger geworden und sein Kollege Thomas Fischer lieh ihm 1
Mio. Schwedische Kronen für die ganzen Sachen. Die Rechnung
schickte er an den schwedischen Staat, der diese auch umgehend bezahlte.
Ebbe Carlsson und die beiden Polizisten wurden schließlich
vom Zoll in Helsingborg festgenommen, als sie versuchten, die Waffen
ins Land zu schmuggeln und die ganze Geschichte flog auf. Anna-Greta
Leijon musste daraufhin ihren Hut als Justizministerin nehmen, wurde
aber immerhin Chefin für Skansen.
Kurz darauf outete sich Ebbe Carlsson als homosexuell und AIDS-krank.
Er starb 1989 (eine andere Quelle berichtet jedoch vom Tod im August
1991).
Wer sich hinter Bo Balderson tatsächlich verbirgt, ist heute
letztlich genauso ungeklärt wie der Mord an Olof Palme.
Das Literaturportal schwedenkrimi.de fragte im Rahmen eines
Gewinnspieles ganz Deutschland und bekam sehr interessante Antworten.
Diese haben wir in der Rubrik "Geheimnis" zusammengefasst.